Für die Älteren unter uns gehören diese Lautsprecher zu den ersten jugendlichen Audiowunschträumen, wie zum Beispiel das Klipschorn oder die Electro Voice Sentry III. Für alle anderen könnte dieser besondere Lautsprecher eine echte Überraschung werden.
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>> Mehr erfahren>> Alle anzeigenEinzeltest: Boulder Amplifiers 508
Alternatives Sparmodell
Glück gehabt: Komponenten des US-Herstellers Boulder Amplifiers sind normalerweise kaum von einer Person zu tragen. Diese ganz besondere Phonovorstufe ist die erste Ausnahme im Lieferprogramm
Boulder Amplifiers ist ein bei uns nur relativ wenig bekannter Hersteller von Elektronik der höchsten Güteklasse. Was daran liegt, dass die Damen und Herren ihr Produktportfolio so gestaltet haben, dass es, um es mal ganz vorsichtig zu formulieren, für den deutschen Markt nur bedingt von Interesse ist. Sprich: Die übliche Boulder-Komponente ist so groß, schwer und teuer, dass die Hauptzielgruppe dafür in aller Regel weit östlich von uns zu Hause ist. 200-Kilo-Monos mit sechsstelligen Preisschildern? Überhaupt kein Problem. Von daher freuen wir uns, dass es nunmehr die „Serie 500“ gibt. Kleine, deswegen noch lange nicht leichte Komponenten von höchstem technischen Anspruch, aber trotzdem noch mit einer gewissen Rest-Bodenhaftung versehen.
Im Moment ist die Phonovorstufe 508 die einzige Komponente dieser Baureihe, aber das bleibt bestimmt nicht lange so. Äußerlich handelt es sich bei ihr um einen schicken Aluminiumquader von knapp 30 Zentimetern Breite, der bei uns mit 6.450 Euro in der Preisliste steht. Das ist natürlich ein stolzes Sümmchen, aber um Größenordnungen weniger als das, was es für jede andere Boulder-Komponente zu entrichten gilt. Wer für so eine Investition gefälligst ein pralles Ausstattungspaket erwartet, der sieht sich getäuscht: An der 508 gibt es drei Schalter und zwei Buchsenpaare, sonst nichts.
Das ist Purismus mit einer Konsequenz, wie ich sie selten erlebt habe. Tatsächlich erstaunt es mich schon fast ein bisschen, dass eines der drei Bedienelemente ein MM-/MC-Umschalter ist. Ich erachte die Wahrscheinlichkeit, das jemand einen schnöden MM-Abtaster an diese Preziose klemmt, für ziemlich überschaubar. Der Schalter für diese Funktion sitzt schon fast schamhaft versteckt hinten. Der schnieke Druckschalter vorne schaltet den Ausgang stumm, bleibt der benachbarte Kippschalter: Das ist ein harter Netzschalter. Fertig. Kapitel „Bedienung“ abgeschlossen Die Geräterückseite bietet neben dem obligatorischen Kaltgeräteanschluss fürs Netzkabel eine Netzsicherung, zwei Paar XLRAnschlüsse und eine ziemlich rudimentäre Erdungsklemme in Gestalt einer Kreuzschlitzschraube. Das war‘s – schon wieder. Richtig, Sie können noch nicht einmal Cinchkabel an die 508 stöpseln, sie verlangt nach symmetrischem An- und Abschluss. Gewiss, man könnte mit Adaptern arbeiten, aber das fühlt sich bei diesem Gerät irgendwie wie die nur zweitbeste Lösung an.
Und wo, bitte, nehme ich bei diesem Gerät die Anpassung für meinen Tonabnehmer vor? Doch nicht etwas im Geräteinneren? Keine Sorge, Aufschrauben müssen Sie das natürlich aus einem vollen Block 6061-T6-Aluminium gefräste Schmuckstück nicht, weil‘s auch dort nichts einzustellen gibt. Also hat das Gerät bestimmt Stromeingänge, bei denen es nichts anzupassen gibt? Habe ich auch gedacht, aber dem ist nicht so. Tatsächlich verzichtet der Hersteller ganz einfach auf sämtliche Anpassungsmöglichkeiten und beschaltet den MC-Eingang fix mit 100 Ohm. Im MM-Betrieb liegen normgemäße 47 Kiloohm an. Das ist so beinhart konsequent, dass es schon ein bisschen frech erscheint, ergibt auf eine gewisse Art aber Sinn: Boulder ist nicht der einzige Hersteller, der eine mehr oder weniger komplizierte Umschaltmimik mit verschiedenen Impedanzen am hochempfindlichen MC-Eingang für potenziell klangschädigend hält und sie im Zweifelfalle lieber weglässt.
Wenn Ihr Abtaster 100 Ohm nun überhaupt nicht mag, dann können Sie den Vertrieb ja mal fragen, ob er Ihnen Ihren Wunschwert einlötet – ansonsten wird‘s schwierig. Also ist die 508 irgendwie doch nur eine überteuerte Trivialität? Ganz langsam, Freunde. Keine voreiligen Schlüsse bitte. Um zu verstehen, was sich Firmenboss Jeff Nelson und seine Mitstreiter bei dieser Maschine gedacht haben, muss man einen Blick in den piekfeinen Alu-Tresor werfen. Haben Sie übrigens die asymmetrische Fase bemerkt, die oben und unten um das Gehäuse läuft? Sehr schick, so was. Im Gehäuse hat die CNC-Fräse zwei Kammern freigeräumt. In der kleineren residiert die Stromversorgung: Zum Einsatz kommt ein Schaltnetzteil vom Spezialisten Delta. Der Hersteller attestiert dem kleinen Kästchen so viel Qualität, dass er weitere nachgeschaltete Spannungsregler nicht für erforderlich hält. Bei der Hauptplatine ist dann endlich Schluss mit der vermeintlichen Sparsamkeit.
Auf dem annähernd quadratischen Board haben die Boulder- Ingenieure eine aufwendige vollsymmetrische Phonovorstufe ohne Kompromisse realisiert? Vollsymmetrisch? Jawohl, hier gibt‘s tatsächlich durchgängig vier Verstärkerzüge, von denen sich je zwei um die phasengedrehten Signale eines Kanals kümmern. Selbstredend kommt hier fast ausschließlich SMD-Technik zum Einsatz, anders wäre das Ganze kaum hier unterzubringen gewesen. Ein paar große passive Komponenten sind auf der Platinenrückseite angeordnet. Die Verstärkung liegt in den Händen von anerkannt guten Chips von Texas Instruments und Analog Devices. Eingangsseitig kommt eine Instrumentenverstärkerkonfiguration zum Einsatz, die sorgt für beste Störunterdrückung. Die Entzerrung erfolgt in zwei Stufen aktiv, also über die Gegenkopplung der dazugehörigen Verstärkerstufen. Es gibt ein festes Subsonic-Filter, das Frequenzen unterhalb von 10 Hertz absenkt. Die Verstärkung der 508 ist zwar bis auf die MM-/MC-Umschaltung nicht anpassbar, wurde aber mit Fingerspitzengefühl gewählt: 44 Dezibel im MM-Betrieb, derer 70 für MCs. Das passt und kommt auch mit leisen Abtastern zurecht. Die kompakte SMD-Bauweise des Gerätes hat ein paar handfeste Vorteile:
Die Signalwege sind kurz, was für minimales Übersprechen zwischen den signalführenden Leitungen auf der Hauptplatine sorgt. Außerdem ist so gewährleistet, dass es wenig Temperaturunterschiede zwischen den einzelnen Bauteilen gibt, das hält die Arbeitspunkte auf einem konstanten Niveau. Nach dem Zusammenbau darf das Gerät ans Netz und ich muss dem Vertrieb recht geben – die Maschine braucht Zeit. Direkt nach dem Einschalten klingt sie noch ein bisschen gebremst und ruppig. Das legt sich nach ein paar Stunden, es gibt die Empfehlung, das Gerät ständig am Netz zu lassen. In Anbetracht des Stromverbrauchs von moderaten zwölf Watt kann man darüber nachdenken. So richtig zur Höchstform soll das Gerät ohnehin erst nach einer dreistelligen Betriebsstundenzahl auflaufen – bitte sehr, soll sie haben. Da ich die 508 unbedingt ohne Adapter symmetrisch betreiben wollte, schraubte ich das Lyra Etna an einen SM-Tonarm vom Typ 5009, dafür habe ich nämlich ein passendes symmetrisches Anschlusskabel. Eigentlich fühlt sich das Lyra unter dem Headshell des Reed 3p wohler, aber bei den ersten Tönen aus dieser Kombination habe ich nicht schlecht gestaunt: Bass. Und wie. Kerniger, kräftiger und federnder, müheloser Bass. Den Beweis führten Garbage mit ihrem 2016er-Album „Strange Little Birds“. Die synthetischen Elektrobeats haben schon ganz andere Komponenten in tiefen Lagen verhungern lassen, den Boulder nicht.
Ausgezeichnet, wie der 508 den Keller mit Leben und Drive füllt. Wir bemühen mal wieder die unverwüstliche Frau Jones und hören „Coolsville“ von ihrem Debütalbum. Auch hier: Bass. Sehr beeindruckend, wie locker und knackig das Schlagzeug den Unterbau liefert. Das Klavier hat den hier unbedingt nötigen metallischen Charakter, die Percussion löst sich schön vom Rest des Geschehens, Rickie Lee Jones singt genau mit der rauen Kratzigkeit, die diesen Song ausmacht. Die 508 klingt hörbar anders als die PS-Audio-Phonovorstufe, die wir Ihnen an anderer Stelle in diesem Heft vorstellen. Die Boulder ist direkter, muskulöser und geradliniger, die PS Audio edler und etwas sanfter. Die PS Audio zeichnet etwas größer, die Boulder kompakter, aber mit mindestens ebenso guter Differenzierung. Dynamisch läuft das Etna zu großer Form auf und liefert die einmalige Farbigkeit, die ich von diesem Ausnahmeabtaster kenne. Hier passen die 100 Ohm definitiv ausgezeichnet. Der Wechsel auf das Accuphase AC-6 brachte die erwartete etwas ruhigere Gangart, hier hätte ich mir etwas mehr „Entdrosselung“ mit einem höheren Abschluss gewünscht. Selbstverständlich fördert diese beeindruckende Phonovorstufe solche Unterschiede völlig ohne Schwierigkeiten zutage. Wenn Ihr Abtaster hier zurechtkommt, dann mag das genau die Phonolösung sein, die Sie gesucht haben.
Fazit
Boulder spart bei der 508 an der Ausstattung, aber nicht beim Klang: Die vollsymmetrische Phonovostufe spielt überragend direkt, geradlinig und kräftig. Analoge Unterhaltung auf höchstem Niveau!Kategorie: Verstärker Phono Vorverstärker
Produkt: Boulder Amplifiers 508
Preis: um 6450 Euro
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Garantie (in Jahren) | 2 Jahre |
B x H x T (in mm) | 293 x 58 x 242 mm |
Gewicht | ca. 5,2 kg |
Unterm Strich... | Boulder spart bei der 508 an der Ausstattung, aber nicht beim Klang: Die vollsymmetrische Phonovostufe spielt überragend direkt, geradlinig und kräftig. Analoge Unterhaltung auf höchstem Niveau! |