Kategorie: Verstärker Endstufen

Einzeltest: Krell KSA-i400


Zurück zu den Wurzeln

Verstärker Endstufen Krell KSA-i400 im Test, Bild 1
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Krell. Es gab mal eine Zeit, da war das in der HiFi-Gemeinde ein Name wie Donnerhall. Kein Ruhestrom zu hoch, keine Ausgangsleistung zu abstrus – die Verstärker aus Orange, Connecticut waren der Brandbeschleuniger des audiophilen Feuers.

Historisches


Die frühen Achtziger. Als die Szene noch jung war. Als man magnetostatische Lautsprecher baute, deren Impedanz guten Gewissens nur als Kurzschluss zu bezeichnen war. Richtig, ich meine die großen Apogees jener Tage. Oder die berüchtigte Infinity Kappa 9, deren krimineller Impedanzverlauf geschickt vom Konstruktionsfehler zum Nimbus erhoben wurde: Wenn dein Verstärker das Ding treiben kann ohne kaputt zu gehen, dann ist es ein guter. Einer, der derlei Lautsprecherextremismus mit entsprechend kompromisslosen Verstärkern begegnete war ein Mann namens Dan D’Agostino. Als bekennender Fan kompromisslosen Class-A-Betriebs gründete er ein Unternehmen, dessen Name perfekt zu den Kontruktionen passen sollte, die da kamen: Die „Krell“ waren eine Alien-Spezies aus einem Science-Fiction-Film der Fünfziger.

Verstärker Endstufen Krell KSA-i400 im Test, Bild 2Verstärker Endstufen Krell KSA-i400 im Test, Bild 3Verstärker Endstufen Krell KSA-i400 im Test, Bild 4Verstärker Endstufen Krell KSA-i400 im Test, Bild 5Verstärker Endstufen Krell KSA-i400 im Test, Bild 6Verstärker Endstufen Krell KSA-i400 im Test, Bild 7Verstärker Endstufen Krell KSA-i400 im Test, Bild 8
D’Agostinos Siegeszug begann mit lüftergekühlten Ungetümen, bei denen scharfkantige Kühlkörpergebirge quasi zum Programm gehörten: Die KSA-100 zum Beispiel – echte 100 Class-A-Watt pro Kanal – hat bis heute einen Ruf wie Donnerhall. Ein Verstärker, der aufgrund seiner enormen Hitzeentwicklung alle paar Jahre revidiert werden musste, weil eine ganze Reihe von Teilen den thermischen Stress nicht lange überlebten. Und ja, es gab Leute, die diese Monster stapelweise neben ihre Apogees stellten und Vollaktivbetrieb fuhren. Vollkommen irrsinning, aber klanglich ausgezeichnet – ich kann mich gut an Demos mit solchen Wahnwitz-Aufbauten erinnern.   

Als nächstes versuchte D’Agostino, das Wärmeproblem zu lösen, in dem er den Ruhestrom nicht fest beim optimalen Wert beließ, sondern ihn mit der gerade erforderlichen Ausgangsleistung mitführte. Das klappte mal besser mal schlechter, auf keinen Fall wurden seine Verstärker dadurch kleiner: Was er an Verlustleistung durch seine Ruhestromtrickserein sparte, packte er als zusätzliche Ausgangsleistung wieder oben drauf. Dabei entstanden solche Ungetüme wie die zweiteiligen Monos Krell Audio Standard oder, quasi als Krönung dessen, die „Master Reference Amplifier“. Im Netz geistert ein Foto dieser Unglaublichkeiten herum, auf dem meine Wenigkeit auf einem Kanal davon sitzt – als Größenvergleich. Irgendwann gingen Krell und D’Agostino getrennte Wege. Der Konstrukteur macht unter eigenem Namen genau da weiter, wo er bei Krell aufgehört hatte – und das tut er bis heute erfolgreich. Bei Krell hingegen zog seinerzeit so etwas wie Vernunft ein. Man konzentrierte sich zunehmend auf den besonders in den Staaten boomenden Heimkinomarkt, die Geräte wurden smarter, die Anzahl der Kanäle wuchs. Leider ging das Kalküll aber nicht im gewünschten Maße auf, der einst so hell strahlende Stern des Unternehmens setzte zum Sinkflug an. Klar, es gab und gibt bis heute Stereokomponenten von Krell, die definitiv gut sind, aber lange nicht mehr so spannend wie die dicken Dinger von damals. Und deshalb – um endlich mal die Kurve zum Thema dieses Artikels zu kriegen, gibt’s die KSA-i400. Sie ist ein klares Zeichen in Richtung „Back To The Roots“. Sie ist 73 Kilogramm schwer, 49000 Euro teuer, hat Leistung ohne Ende und will endlich wieder eine richtige Krell sein. Auf den ersten Blick passt sie noch ins heutzutage übliche „Krell-Raster“: der leicht barocke Erker mittig auf der Front führt die Designsprache der bisherigen Komponenten weiter, auch in der Breite ist noch alles „normal“. In Sachen Gehäusetiefe hört’s dann auf: 610 Millimeter passen in kein übliches Rack mehr.   

Ausstattung


Zur Ausstattung gibt’s nicht allzu viel zu vermelden: Ein Kippschalter auf der Rückseite versetzt das Monster in den Standby-Betrieb, zwei feine Leuchtdiodenreihen auf der Front quittieren den Zustand in zartem Grün. Das wandelt sich zu Blau, wenn man das Gerät mit dem frontseitigen Taster in Betrieb nimmt. Das geht erstaunlich unspektakulär vor sich, auch die Haussicherung zeigt sich vollkommen unbeeindruckt.

Verstärker Endstufen Krell KSA-i400 im Test, Bild 3
Das Auffälligste an der Rückseite ist die Netzwerkbuchse. Die Krell betreibt tatsächlich ihren eigenen Webserver
Auf der Rückseite findet sich ein solides Paar Polklemmen für den Lautsprecheranschluss. Ein Paar Cinch- und ein Satz XLR-Buchsen. Letztere werden mit einem Kurzschlussbügel „desymmetriert“ , wenn man den Cinch-Eingang nutzt. Auffällig ist die Netzwerkbuchse: Darüber kann man das Gerät mit dem Internet verbinden. Das Gerät stellt eine Webseite bereit, mit der sich eine ganze Reihe von Funktionen realisieren lassen, die Anzeige der Betriebstemperatur ist dabei noch das Schlichteste.   

Elektronisches


Ungleich dramatischer geht’s unter dem Deckel zu. Zwei gewaltige Ringkerntrafos à 2700 VA wohnen im Untergeschoss und sorgen für ungebremsten Stromnachschub, knapp 100000 Mikrofarad Siebkapazität pro Kanal dienen als Zwischenspeicher, 32 potente Endtransistoren bevölkern die fein gerippten Kühlkörper eines jeden Kanals. Die Ansteuerplatine wird von einer Armada von SMD-Bauteilen bevölkert, bei Krell neigt man dazu, viele Kleinleistungsstufen parallel zu schalten, um die erforderlichen Energien freisetzen zu können. Die KSAi400 arbeitet mit einer speziellen Art der Ruhestromnachführung, der Hersteller nennt das „iBias“. Das Neue daran ist, dass die Lösung nicht nur die Aussteuerung des Verstärkers berücksichtigt, sondern auch die Lautsprecherimpedanz mit einbezieht. Ein Mikrocontroller kümmert sich um die Einstellung des Ruhestroms, ein gewisses Minimum wird dabei allerdings nicht unterschritten. Die nächste Besonderheit heißt „XD“ und sorgt für eine möglichst geringe Ausgangsimpedanz des Gerätes. Hier wird mit einer Vielzahl von Temperaturfühlern dafür gesorgt, dass jeder Endtransistor gleich warm wird und im gleichen Maße zum Ausgangssignal beitragen kann. „Sym-Max“ schließlich sorgt dafür, dass die beiden Hälften der symmetrischen Schaltung auch wirklich exakt spiegelbildlich funktionieren. Das Gerät treibt Lautsprecherimpedanzen von einem Ohm ohne Probleme und liefert Ströme bis 62 Ampère – das sollte für den Hausgebrauch reichen.   

Klang


Wenn man die Mühsal hinter sich gebracht hat, ein solches Kaliber an Ort und Stelle zu schaffen um im Anschluss festzustellen, dass man bis dato ja doch irgendwie mit niedlichen Spielzeugverstärkern hantiert hat, dann schafft das zwangsweise eine gewisse Erwartungshaltung ob dessen, was da gleich über einen hereinbrechen mag. So ein Kaliber muss den Zuhörer doch zwangsläufig in Sekundenschnelle töten…? Die Realität könnte nicht weiter von solchen Gedankengängen entfernt sein. Wenn die KSA-i400 eines nicht ist, dann ein tumber Schläger. Vielmehr zeichnet sie sich durch ein Maß von Disziplin und Feinfühligkeit aus, das ich selten erlebt habe. Sie fächert das Klangbild mit größter Selbstverständlichkeit immens auf und sorgt für eine unglaubliche Differenzierung. Auf eine gewisse Art tut sie mit auch anspruchsvolleren Lautsprechern das, was ein Eintakt-Röhrenverstärker mit einem Hochwirkungsgradwandler macht. Ich habe die Krell mit der fantastischen Epos ES14N gehört, die sich ausgezeichnet mit der KSA-i400 vertrug, auch wenn die Kombination eingedenk der Preisdifferenz sicherlich nicht sehr praxisgerecht ist. Der Unterschied zwischen der Krell und allem, was ich im Vergleich dazu gehört habe war ohrenfällig und bedurfte keiner großen Konzentration. Ziehen wir zum Beispiel den jüngst wiederveröffentlichten ECM-Klassiker „Gnu High“ von Kenny Wheeler nebst illustrer Begleittruppe zu Rate. Ich kann mich nicht erinnern, das hochklassige Quartett jemals so durchhörbar und präzise im Raum verteilt gehört zu haben, die typische ECM-Klangästhetik ist zudem allgegenwertig. Der Konrabass klingt zurückhaltend, aber enorm variabel und farbig, die Schlagzeugbecken glänzen haargenau abgezirkelt. Dass man mit der Krell auf höchstem Niveau Krach machen kann versteht sich von selbst. Und es ist nicht die schiere Wucht, die beim Tool-Konsum auffällt, sondern das perfekte Timing und die Nachvollziehbarkeit der irren Taktwechsel alle paar Sekunden. Das ist einer der wenigen Momente, an denen ich gerne mal einen dieser großen amerikanischen Lautsprecher hätte – einfach nur, um die KSAi400 mal ein wenig fordern zu können. 

Fazit

Definitiv einer der der besten Verstärker, der mir je untergekommen ist. Ungemein detailliert und stabil, spektakulär räumlich und ohne jede Neigung zur Härte.

Kategorie: Verstärker Endstufen

Produkt: Krell KSA-i400

Preis: um 49000 Euro

5/2023

Definitiv einer der der besten Verstärker, der mir je untergekommen ist.

Krell KSA-i400

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Ausstattung & technische Daten 
Preis: ca. 49.000 Euro 
Vertrieb: Audio Reference, Hamburg 
Telefon: 040 53320359 
Internet: www.audio-reference.de 
Garantie: 2 Jahre 
B x H x T (in mm): 438/239/610 
Gewicht ca. 73 kg 
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Holger Barske
Autor Holger Barske
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Datum 31.05.2023, 09:56 Uhr
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