Kategorie: Schallplatte

Musikrezension: Komponist: Jean Sibelius / Interpret: Meta4 - Streichquartett d-Moll (Berliner Meister Schallplatten)


Komponist: Jean Sibelius / Interpret: Meta4 - Streichquartett d-Moll

Schallplatte Komponist: Jean Sibelius / Interpret: Meta4 - Streichquartett d-Moll (Berliner Meister Schallplatten) im Test, Bild 1
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Mit dem Streichquartett in d-Moll durchbrach Jean Sibelius ein paar Traditionen. Dies ist, betrachtet man die Entstehungsgeschichte des Werks, auch leicht zu erklären. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte sich Sibelius bereits intensiv mit den Erneuerern der Musik wie Schönberg, Strawinsky und Debussy und ihren Werken auseinandergesetzt. Zu seinem kreativen Umbruch kamen eine Krebserkrankung, die eine schwere Operation erforderlich machte, und seine stärker werdende Alkoholproblematik, gepaart mit Selbstzweifeln und Depressionen – dies kann man übrigens in seinem Tagebuch sehr gut nachvollziehen. Dennoch ist Sibelius letzten Endes zufrieden gewesen mit dem Werk – er hatte nun seine eigene Tonsprache gefunden, die reine Fortführung der heimatlich-nordischen Tradition hinter sich gelassen, aber dann doch nicht so weit, dass er sich nur noch selbst als künstlerischen Titanen gefeiert hätte. Tatsächlich ist das fünfsätzige Werk durchaus von modernisierender Wirkung, dabei aber keine so radikale Abwendung von der klassisch-romantischen Tradition, wie das zum Beispiel ein Schönberg mit seiner Zwölftonmusik gefordert hat. „Voces intimae“ – „innerste Stimmen“ lautet der Beiname des Werks, den der Komponist ihm selber gegeben hat. Das passt auch ganz gut zu dem Quartett, das mit seinen Gegensätzen zwischen ruhiger Melancholie und schroffen Dissonanzen die ganze innere Zerrissenheit Sibelius´ in dieser Phase seines Lebens verdeutlicht. Seine Unsicherheit und Zukunftsangst wird vor allem im zentralen Satz des Werks deutlich, in dem die musikalische Einheit auch immer mehr auseinanderzulaufen droht, es scheint kein Ziel mehr zu geben, die Stimmen tasten sich durch gegenläufige Themen, alles ist in einer bedrohlichen und äußerst fragilen Schwebe. Erst zum Schluss des dritten Satzes löst sich die Spannung auf und mündet in eine fast schon völlig harmonische Auflösung. Die „Erlösung“ ist aber nur von kurzer Dauer – die letzten beiden Sätze sind wieder getragen von Unruhe, Zweifeln und fahriger Getriebenheit. Dennoch – der Komponist selber war zufrieden mit seinem Werk, während das Publikum noch ein paar Jahrzehnte brauchte, um das Streichqartett zu akzeptieren. Inzwischen ist es unter den kammermusikalischen Werken des Finnen das meistaufgeführte. Vier Landsleute, die Musiker des Quartetts Meta4 haben sich des Werks angenommen und für die Aufnahme gleich die Höchstschwierigkeit gewählt: Live-Aufnahme im Studio direkt auf Lackfolie. Produziert wurde natürlich in den Berliner Meister Studios, deren hervorragende Arbeit wir schon an anderer Stelle gewürdigt haben. Und auch hier gibt es nur Erfreuliches zu berichten: Wenn man den gegenüber einem Symphonieorchester deutlich persönlicheren Klang eines kleineren Ensembles mag, dann kommt man hier voll auf seine Kosten: Da kratzen die Bögen schon mal über die Seiten und Griffgeräusche sind deutlich präsenter. Auch musikalisch fühlt man sich – gerade in dieser ungemein direkten Aufnahmesituation – ganz nah dran am Musiker, am Werk und am Innersten des Komponisten. Dynamisch ist die Aufnahme ohnehin ein absoluter Kracher – besser kann man Kammermusik wohl nicht aufnehmen.

Fazit

Exzellente, unverkünstelte Aufnahme eines der intimsten Werke eines großen Komponisten.

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8/2015
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