Kategorie: Plattenspieler

Einzeltest: VPI Prime


Primus Inter Pares

Plattenspieler VPI Prime im Test, Bild 1
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Beeindruckend ist er schon gewesen, der erste Streich aus dem 3D-Drucker – aber eben auch sehr teuer. Man muss es VPI hoch anrechnen, dass sie ziemlich bald nach dem großen Referenzmodell einen Plattenspieler nachreichen, der deutlich günstiger zu haben ist und technisch kaum weniger bietet

An dieser Stelle muss ich zuerst einmal Abbitte leisten: In meinem letzten Text eines VPI-Plattenspielers habe ich kurzerhand den VPI-Firmengründer und langjährigen Chef Harry Weisfeld für tot erklärt – eine Aussage, die so natürlich nicht stimmt. Auch, wenn inzwischen Sohn Mat Weisfeld die Geschicke der Firma leitet, erfreut sich Harry Weisfeld seines Daseins zwischen Rente und weiterhin wertvoller technischer und beratender Tätigkeit für VPI. So wird er auch bei unserem aktuellen Testmodell „Prime“ mitgearbeitet haben, der die neue obere Mittelklasse bei VPI defi niert – 5.100 Euro kostet er inklusive Tonarm.

Plattenspieler VPI Prime im Test, Bild 2Plattenspieler VPI Prime im Test, Bild 3Plattenspieler VPI Prime im Test, Bild 4Plattenspieler VPI Prime im Test, Bild 5Plattenspieler VPI Prime im Test, Bild 6Plattenspieler VPI Prime im Test, Bild 7Plattenspieler VPI Prime im Test, Bild 8Plattenspieler VPI Prime im Test, Bild 9Plattenspieler VPI Prime im Test, Bild 10Plattenspieler VPI Prime im Test, Bild 11
Dieser hört auf den Namen JMW 3D 10 und ist – welch Überraschung – ein Zehnzöller. Tatsächlich überrascht war ich bei der ersten Inaugenscheinnahme von der Formgebung: Das Armrohr hatte nichts mehr von der genialen Dreieckskonstruktion mit stetig wechselndem Querschnitt, den ursprünglichen 3D-Arm so unverwechselbar gemacht hatte. Tatsächlich sieht der neue Arm fast genauso aus wie die wohlbekannten JMW-Tonarme, nur eben nicht aus Metall, sondern aus Kunststoff gefertigt. Meine Nachfrage beim Vertrieb hat ergeben, dass es tatsächlich beim ursprünglichen 3D-Arm massive Probleme mit Bedienfehlern bis hin zum Bruch gegeben hat – er war schlicht und ergreifend nicht idiotensicher. Also musste man den Arm an einigen Stellen umkonstruieren. Und weil auch nach tagelangen Hörtests kein Unterschied bemerkbar war, ist man auch gleich zum klassischen runden Armrohr zurückgegangen – was ich aus ästhetischen Gründen ein bisschen schade finde. Dafür ist die Fertigungsdauer etwas kürzer geworden, so dass der Arm alleine „nur“ noch 4.600 Euro kostet. Dass man sich dazu noch das Laufwerk holt, ist dann natürlich eine reine Formsache. Das Prime-Laufwerk ist ein klassischer VPI mit ein paar neuen Details, die ihn umso attraktiver machen. In erster Linie seien die neuen Füße genannt, die endlich das liefern, was VPI schon eine sehr lange Zeit erreichen wollte: Deutlich mehr Entkoppelung vom Untergrund bei gleichzeitiger Beibehaltung der Dynamik und des Timings. Zumindest mir ist es bei meinen bisherigen VPI-Tests fast immer so gegangen, dass ich bei aller Nachvollziehbarkeit gesteigerter Laufruhe letzten Endes bei den einfachen Metallkegeln unter dem Laufwerk gelandet bin, weil nur so das typische „Marschieren“ der VPI-Laufwerke zu 100 Prozent funktioniert hat. Mit den optionalen Dreipunkt-Füßen wurde es zwar immer ruhiger und entspannter, aber auch ein bisschen harmlos für meinen Geschmack. Die neuen Füße sind nun zweiteilig aufgebaut: Oben an der Zarge gibt es eine fast schon extrem weiche Aufhängung für die vier Kegel, die in den unteren Teil der Konstruktion tauchen. Dieser besteht aus einem Metallring mit einem Kugellager in der Mitte, in dem die Spitzen eintauchen – ähnlich wie manche Tonarmlager übrigens. Unten an dem Ringen sind je drei Edelstahlkugeln eingepresst, die den (verteilten) Kontakt zum Untergrund herstellen. In Zusammenarbeit mit dem großzügig dimensionierten Tellerlager ergibt sich tatsächlich eine sensationelle Laufruhe, selbst wenn der Prime auf einem nicht besonders gut entkoppelten Rack steht – machen Sie selber einmal einen Test mit einem Stethoskop! Die von VPI bekannte schwere Motordose steht wie gehabt in einem drei Kilo schweren Stahlgehäuse – der Synchronmotor läuft nach etwa 60 bis 70 Stunden Einlaufzeit geräuschlos. Stolz ist man bei VPI auf die hohe Fertigungsgenauigkeit beim Drehen des Pulleys und des Tellers – Toleranzen gibt es hier so gut wie keine. Das zur Geschwindigkeitsfeineinstellung leicht konisch verlaufende Pulley mit umlaufenden Rillen verschiedener Durchmesser überträgt die Antriebskraft genau auf der Mitte des Lagerdorns auf den Plattenteller. Der Teller dreht sich auf einem invertierten Lager mit Edelstahldorn und -kugel, mit einem Lagerspiegel aus einem Delrin-Tefl on-Kompositmaterial und einer Buchse aus Bronze. Zur Fixierung der Schallplatte ist die bekannte schraubbare VPI-Plattenklemme mit Unterlegscheibe vorgesehen, die auch verwellte Platten auf die Unterlage presst – mitgeliefert wurde mit dem Prime ein einfacheres Tellergewicht. Was sicherlich für Diskussionen sorgen wird, ist die Tellermatte, die doch ein bisschen an die einschlägigen Disco-Plattenspieler erinnert, ihren Job verdeckt unter dem Vinyl aber durchaus gut macht. Die Zarge des Prime – auch das kennen wir von VPI – ist als Sandwichkonstruktion ausgeführt: Vinylbezogenes MDF mit einer schweren Stahlplatte an der Unterseite sorgt für Stabilität und Resonanzarmut. Damit ist es VPI auch optisch gelungen, den Übergang zwischen den einfacheren Laufwerken und den ganz großen Modellen zu markieren. Und auch in Sachen Klang lässt sich der Prime nicht lumpen. Die neue Fußkonstruktion funktioniert wirklich ausgezeichnet: Vor dem ersten Ton aus der Rille herrscht wirklich die ganz große Ruhe – schon aus diesem Grund lohnt es sich, seine Platten penibel sauber zu halten, um dieses Gefühl der ganz großen Spannung zu bewahren. Bei der Wiedergabe selbst profitiert man natürlich ebenfalls von der Laufruhe: Der dynamische Spielraum ist einfach spürbar größer – natürlich vor allem bei Platten, die dies auch ausnutzen. Und bei den etwas mittelmäßigeren Platten? Nun, hier ist der Prime zumindest etwas gnädiger als seine Vorgänger mit den Metallkegeln – man kann auch schlechtere Aufnahmen ganz gut ertragen, zeigt er doch eben diese Verbindlichkeit in der Wiedergabe, mit der uns auch der große 3D überzeugt hat. Mit dem Tonarm musste ich bei der Justage eine Weile kämpfen, was durchaus nicht nur am 3D-Arm lag. Zum einen ist die Montage und Justage von Systemen ohne eingefrästes Gewinde immer etwas lästig, vor allem an einem Einpunkt-Tonarm, zum anderen war das in dieser Ausgabe getestete Zyx-System schlicht und ergreifend zu leicht, um überhaupt die empfohlenen 2 mN Aufl agekraft zu erreichen – erst mit einem Zusatzgewicht vorne am Headshell ging es dann, was aber wieder den Azimut verstellte, und so weiter. Immerhin lässt sich dieser mit einem außermittig gebohrten Stahl-Gegengewicht leicht justieren und dann mit einer Rändelschraube fixieren, die sich wohlweislich nicht „zuknallen“ lässt – auch an dieser Stelle hat es wohl bei den ersten 3D-Armen Bruch gegeben. Die VTA-Verstellung erfolgt bequem und skaliert an der Basis – beim Antiskating setzt man nach wie vor auf die noch von Harry Weisfeld zähneknirschend eingeräumte Kompromisslösung aus Faden und Umlenkhebel – bei VPI ist man nach wie vor nicht vom Segen des Antiskatings überzeugt. Mit oder ohne Skating-Korrektur: Das sehr neutrale Zyx-System läuft unter dem neuen 3D-Arm zu absoluter Hochform auf: Das Timing und der Groove passen einwandfrei – schnelle dynamische Sprünge werden ansatzlos nachvollzogen, sogar die unsägliche 1812-Ouvertüre in der berüchtigten Telarc-Aufnahme winkt die Kanonenschüsse fast schon müde lächelnd einfach durch – was übrigens die Lautsprecher gar nicht mal so gut fi nden, wenn man einen schon erhöhten Grundpegel fährt. Dennoch liegen die bemerkenswerten Stärken des Prime in den subtileren musikalischen Gefi lden – dass VPI Dynamik kann, hat man ja schon oft genug bewiesen. Aber auch in den hauchzarten Passagen beeindruckend aufgenommener Barockmusik hält man immer wieder den Atem an, so fein spinnt der Prime einzelne Instrumentalstimmen zu einem Netz zusammen, das luftig und weitmaschig auf der einen und doch extrem fest und ebenmäßig auf der anderen Seite ist. Fast kommt man sich wie eine Banause vor, wenn man nach solchen intimen Erlebnissen mit klassischer Musik einfach eine Rockscheibe auf den Teller wirft – aber auch die etwas deftigere Musik fordert ih Recht. Und auch hier fühlt sich der Prime in seinem Element: Die vorzüglich aufgenommene Scheibe „Fear of the Dark“ von Iron Maiden, die leider kaum noch zu bekommen ist und wenn nur zu gesalzenen Preisen, zeigt die harten Jungs als eine extrem diszipliniert aufspielende Gruppe vorzüglicher Instrumentalisten, die aus aufwendigen Riffs und Licks ein beeindruckendes Brett zaubern, das einen mitreißt, wie man das aus der Jugend eben kennt – das man aber auch refl ektiert anhören und altersweise als Meisterleistung der Virtuosität würdigen kann. Vom tiefen und dynamischen Bass bis zum höchsten Oberton, den die Schlagzeugbleche hergeben, ist alles da, alles auf dem Punkt und außerordentlich gut sortiert – der Prime macht einfach alles richtig.

Fazit

Der VPI Prime knüpft nahtlos an die Stär- ken des ersten VPI 3D an und zeigt in allen  Bereichen seine brillanten Fähigkeiten – für  einen Preis von 5.100 Euro muss  man über dieses Gesamtpaket aus  durchentwickeltem Laufwerk und  innovativem Tonarm nicht groß  nachdenken.

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Kategorie: Plattenspieler

Produkt: VPI Prime

Preis: um 5100 Euro

1/2016
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Thomas Schmidt
Autor Thomas Schmidt
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Datum 23.01.2016, 14:56 Uhr
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