Endlich. Nach all den Jahren kommt er endlich mal ins Haus: der RB-1000. Der rare, aber allerbestens beleumdete Spitzentonarm von Rega. Ach ja: Ein Plattenspieler hing zufällig dran, den hat der Vertrieb gleich mitgeschickt
Mitspieler
Tonabnehmer:
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Grado Statement MasterÂ
Benz LPÂ
Jan Allaerts MC1B
Phonovorverstärker:
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Pass XP-15Â
MalValve preamp three phono
Vorverstärker:
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MalValve preamp three line
Endstufen:
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SymAsym
Lautsprecher:
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Lumen White ArtisanGegenspieler
Plattenspieler:
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EAT Forte / Ikeda IT 407Â
Transrotor Fat Bob / SME 3500Â
Clearaudio Innovation / UniversalWenn man auf der Seite des Deutschlandvertriebs TAD das Produkt „Rega“ anklickt, dann steht ganz oben in der Reihe „Phono“. Noch vor CD-Playern und Verstärkern. Auch wenn das beides Produktkategorien sind, in denen die Briten Eindrucksvolles leisten und geleistet haben Phono und Rega, das gehört zusammen wie Sekunden und Kleber.
Und so sind es denn auch gleich sieben verschiedene Plattenspielerkonzepte, die hier feilgeboten werden, und ganz rechts in der Reihe, da steht das dicke Ding, das Spitzenmodell, der P9 - um den soll es hier gehen. Bei „Spitzenmodell“ erwartet man heutzutage eigentlich etwas anderes als einen kompakten, leichtgewichtigen, irgendwie ganz normal ausschauenden Plattenspieler - doch Vorsicht, der Schein trügt: Der P9 ist alles andere als eine Feld-Wald-und-Wiesen-Konstruktion, und die Legitimation für einen Verkaufspreis von 4.300 Euro steckt nur zu einem relativ geringen Teil in dem Umstand, dass es eine externe Motorsteuerung dazu gibt, die dem Dreher selbst gewichtsmäßig kaum nachsteht. Und doch - man muss schon zweimal hinsehen, um zu erkennen, dass es sich nicht um ein deutlich kleineres Mitglied der Rega-Palette handelt, der Teufel steckt, wie bei den Briten eigentlich immer, im Detail. So schimmert es unter der Filzmatte (die keine gewöhnliche Filzmatte ist, sondern angeblich aus reiner Lammwolle besteht) weiß - der Teller des P9 ist nämlich aus Keramik. Das gibt‘s außer bei Rega meines Wissens nach derzeit sonst nirgends und in der Vergangenheit nur mal kurz bei einem Dreher der japanischen Firma Kyocera. Aus gutem Grund: Die hier eingesetzte Aluminiumoxyd-Keramik ist so hart, dass sie nur mit Diamantwerkzeugen zu bearbeiten ist - und so gerät die unspektakuläre Scheibe zu einem fertigungstechnischen Meisterstück. Warum aber will jemand einen Plattenteller aus Keramik? Das Ding klingelt beim Anklopfen wie eine Glocke - das kann doch nicht im Sinn des Erfinders sein? Gemach. Zum einen erledigt sich das mit dem Klingeln weitgehend, wenn das Keramikteil auf dem für Rega-Verhältnisse recht massiven Subteller aufliegt und dann noch die kuschelig weiche Matte draufliegt, und zum anderen nimmt man solche Kleinigkeiten bei Rega schon mal in Kauf: Viel wichtiger ist nämlich die Härte des Materials. Ein kurzer Exkurs ins Rega-Physik-Universum: Es darf ruhig ein bisschen schwingen, das Entscheidende ist, dass alle Teile des Plattenspielers gleichmäßig vibrieren. Und deshalb sind alle Teile möglichst leicht und steif, denn nur so lässt sich eine effektive Schwingungsweiterleitung gewährleisten. Rega-Boss Roy Gandy verzichtet ganz bewusst auf das Allheilmittel „Masse“ als Absorber für alle Arten von Vibrationen, denn Masse fungiert mitunter auch als Energiespeicher, der die eingebrachten Schwingungen zeitverzögert wieder freisetzt, wo sie sich mit den „neuen“ Schwingungen mischen und ein prima Vibrationsdurcheinander bilden. Resultat: Es klingt im besten Fall lustlos und müde, in schlimmeren Situationen wie Brei. Nicht beim P9. Um die letztlich doch merklich schwerer als bei den kleineren Modellen geratene Einheit aus Lager, Subteller und Teller bedingungslos steif, aber möglichst leicht mit dem Motor und der Armbasis zu koppeln, musste eine neue Grundplatte her: Alle Komponenten sind auf einem Sandwich aus zwei dünnen Decklagen und einer superleichten Wabenstruktur montiert. Und um deren exzellente Schwingungsweiterleitungsfähigkeiten keinesfalls durch den rundum montierten Massivholzrahmen zu verschlechtern, ist jener an nur vier Punkten mit der eigentlichen Basisplatte verbunden, und das über kurze Abstandshalter. Und als ob das der Vorsicht nicht schon genug wäre, ist der Holzrahmen - richtig, zur Gewichtsreduzierung innen ausgefräst. Mit im Chassis steckt der Antriebsmotor, ein 24-V-Synchrontyp, der prinzipiell auch bei anderen Regas zum Einsatz kommt - aber eben nicht genau so: Für den P9 mussten die Lagertoleranzen noch etwas geringer ausfallen, denn dieser Antrieb soll so ruhig wie irgend möglich laufen. Deshalb gehört der externe Motor-Controller auch zwingend zum P9 dazu. Bei ihm werden per Quarzoszillator zwei hochgenaue Referenzfrequenzen erzeugt, mit deren Hilfe Sinusoszillatoren gesteuert werden. Der Versatz zwischen den beiden Motorphasen wird ab Werk auf minimales Motorengeräusch abgeglichen. Die Motorsteuerung steckt in einem Gehäuse, das normalerweise Verstärker beherbergt, ist auch dank des dicken Trafos gut gefüllt - das ist keine halbherzige Sache, was die Briten hier betrieben. In der Tat ist beim P9 vom Antrieb praktisch nichts zu hören, was bei den wenigsten Plattenspielern der Fall ist. Interessant ist noch die Kraftübertragung vom Motorpulley auf den Innenteller gelöst: Hier kommen nämlich gleich zwei „parallel geschaltete“ Gummi-Rundriemen zum Zuge. Rechts hinten auf dem Chassis ist es dann verbolzt, das Sahneteilchen, weshalb ich den P9 immer mal in die Finger kriegen wollte: der große Rega-Arm RB1000. Von der Form her gar nicht so viel anders als seine kleineren Brüder auch - das liegt daran, dass bei allen Regas (bis auf den RB100, wenn mich nicht alles täuscht) das gleiche Armrohr verbaut wird. Und das ist auch gut so, denn dieses Ding gibt‘s so sonst nirgends: Ein gegossenes, konisches Aluminiumteil mit variabler Wandstärke. Die Hülsen für die Vertikallager sind gleich im richtigen Winkel mit angegossen, das Headshell auch. Das gibt einen supersteifen und resonanzarmen Rohling, der wegen des sündhaft teuren Werkzeugs nur dann sinnvoll zu fertigen ist, wenn man große Stückzahlen davon produziert - das ist hier der Fall. Der RB1000 ist der einzige Rega-Tonarm, bei dem es das Rohr „pur“ gibt: Es wird hier lediglich auf Hochglanz poliert, bei allen anderen Modellen gibt‘s eine Lackierung - in Sachen Resonanzverhalten gibt‘s dabei definitiv Unterschiede. Der RB1000 trägt rückseitig ein Gegengewicht aus massivem Wolfram; das kompakte Werkstück bietet wenig Angriffsfläche für Luftschall und sitzt wegen der hohen Masse immer recht nahe am Lagerpunkt; so vermeidet man Biegeschwingungen des Lagerzapfens. Ein ewiger Kritikpunkt an den Regas wurde hier auch endlich abgestellt: Es gibt eine hochwertige, von vorne bis zu den Cinchsteckern (die guten von Neutrik) einteilige Verkabelung. Und dann wären da noch die Lager: Dem Hersteller nach so präzise und leichtgängig, dass kein messbares Spiel mehr vorhanden ist. Das ist der Hauptgrund dafür, dass die Montage eines RB1000 zwanzig Mal so lange dauern soll wie die eines der kleineren Modelle. Die Auflagekraft wird über das Gegengewicht und zusätzlich über einen Federmechanismus eingestellt; Puristen beschränken sich auf das Verschieben des Gewichtes und lassen das Rändelrad für die Feder in der Nullposition. Das Antiskating wird durch Herausziehen des Schiebers vorne an der Liftbank eingestellt - das funktioniert gut und einfach. Wie alle Rega-Tonarme zählt auch der RB1000 zu den mittelschweren Vertretern, was die Tonabnehmerauswahl unkompliziert gestaltet: Hier läuft fast alles. Also kamen das Benz LP und das Jan Allaerts MC1B zum Zuge, beides altgediente Recken, die ihre Qualitäten an Regas schon oft bewiesen haben. Allerdings nicht so, wie sie das im P9 tun, denn das tönt anders, als ich das bis dato gewohnt war: Das hier ist mein erstes und einziges Rega-Setup, das nicht nur durch eine sehr unbeschwerte, leichte und gut durchhörbare Spielweise zu gefallen weiß, sondern auch durch Bass. Und zwar so richtig. Nicht ganz mit der ungeheuren Substanz wie der EAT Forte (ebenfalls in diesem Heft), aber mit staubtrockener, völlig ansatzloser Grobdynamik, wie ich sie eigentlich nur von echten Schwergewichten kenne. Der P9 allerdings zeigt nachdrücklich, wie gut Roy Gandys Leichtbau funktioniert, wenn man ihn derart auf die Spitze treibt. Derart tieftonal bestückt, zeichnet der P9 denn auch riesige Räume, spielt völlig unerschütterlich, gibt sich in keiner Hinsicht eine Blöße - das ist zweifellos ein ganz Großer, trotz seiner bescheidenen Physis. Ein kleines Experiment demonstriert, wie stimmig das Gesamtkonstrukt ist: Nimmt man zum Spaß mal einen der beiden Antriebsrimen ab, ist der Zauber bereits dahin: Der Raum fällt merklich in sich zusammen, die Impulswiedergabe wirkt angestrengt. Also ganz schnell wieder drauf mit dem zweiten Gummi.
Fazit
Endlich haben sie so richtig ernst gemacht, die Rega-Mannen: Der P9 ist wohl einer der beeindruckendsten Understatement-Spieler am Markt. Er sieht gefällig und kompakt aus, spielt aber ganz oben mit; so gesehen ist er zudem recht preiswert.