Zu den bemerkenswertesten Erscheinungen rund ums Thema HiFi in den letzten Jahren gehört zweifellos der Boom des Themas „Kopfhörer“ und allem, was damit zu tun hat. Passend dazu gibt’s jetzt ein ziemlich endgültiges Statement in Sachen Kopfhörerverstärker.
Mitspieler
Plattenspieler:
Transrotor Fat Bob / Reed 3p / Lyra Atlas
Phonovorstufen:
MalValve preamp three phono
Kopfhörer:
Stax SR-303
Sennheiser HD800
Sennheiser HD700
AKG K550
Zubehör:
Netzsynthesizer PS Audio P10
NF-Kabel von van den Hul und Transparent
Phonokabel van den Hul
Plattenwaschmaschine von Clearaudio
Gegenspieler
Kopfhörerverstärker:
Beyerdynamic A1
Lehmann Black Cube Linear
Die Zeiten ändern sich. War bis vor einiger Zeit eine ernsthafte HiFi-Anlage ohne Lautsprecher kaum denkbar und Kopfhörerwiedergabe nur etwas für Leute mit extrem beengten Platzverhältnissen, neugeborenen Mitbewohnern oder streitsüchtigen Nachbarn, ist die Akzeptanz des Musikhörens mit Wandlern direkt am Ohr deutlich gestiegen.
Das mag daran liegen, dass Kopfhörer – oder zumindest „Ohrstöpsel“ – ob der allgegenwärtigen mobilen Wiedergabegerätschaften einfach „normaler“ geworden sind und wie selbstverständlich Einzug ins Wohnzimmer gehalten haben, oder auch daran, dass sich die Vorteile des Prinzips herumgesprochen haben. Die Raumakustik, der Aspekt mit dem weitaus größten Einfluss auf die Wiedergabequalität einer HiFi-Anlage, fällt als Variable heraus: Systembedingt gibt es beim Kopfhörer nur Direktschall. Und so lässt sich mit einem guten Kopfhörer – entsprechende Ansteuerung vorausgesetzt, ein Maß an Wiedergabequalität erzielen, das mit Lautsprechern nur schwer möglich ist. Womit wir beim Thema wären: der Ansteuerung. Einer, der sich unlängst intensiv Gedanken darüber gemacht hat, wie man „Schallmützen“ jeglicher Couleur kompromisslos befeuert, ist Dieter Mallach, Chef beim Röhrenspezialisten MalValve aus Essen. Jawohl, der, dessen Geräte bei uns ständig als „Mitspieler“ auftauchen und dessen Line- und Phonovorstufen aus unserem Testalltag nicht mehr wegzudenken sind. Mallachs Statement in Sachen Kopfhörerverstärker heißt „head amp three“, ist selbstverständlich ein Röhrengerät, kostet 4.000 Euro und treibt alles, was irgendwie Kopfhörer heißt – egal, ob dynamisch magneto- oder elektrostatisch. Und wenn’s mal nicht Kopfhörer sein soll, dann auch Lautsprecher. De facto ist das Gerät ein spezialisierter Röhrenvollverstärker mit einer Ausgangsleistung von rund 13 Watt (acht Ohm) pro Kanal. Es steckt im typischen Gehäuse von MalValves Dreier-Baureihe, zu der auch die bei uns gerne verwendeten preamp three line bzw. preamp three phono gehören. Der head amp three verfügt über vier Eingänge; zwei davon sind symmetrisch, zwei unsymmetrisch ausgelegt. Ausgangsseitig gibt es zwei Spezialbuchsen für elektrostatische Kopfhörer von Stax, zwei vierpolige XLR-Anschlüsse und zwei 6,3-mm-Klinkenbuchsen. Es lassen sich zwei elektrostatische oder bis zu vier dynamische Hörer gleichzeitig betreiben. Die XLR-Ausgänge muten ungewöhnlich an – sind sie auch. Ihr Vorhandensein gründet sich auf das Erscheinen der magnetostatischen Kopfhörer des amerikanischen Herstellers Audez’e (sprich: odyssey), die serienmäßig mit einem solchen Stecker ausgestattet sind. Vorteil: Über die vier Pins kann ein Kopfhörer echt symmetrisch angeschlossen werden, bei den drei Pins eines Klinkensteckers wird das schwierig. Für einige dynamische Modelle wie etwa den Sennheiser HD800 gibt’s mittlerweile Austauschkabel mit dem neuen Stecker. Das mit dem symmetrischen Anschluss gibt gerade bei diesem Gerät Sinn: Der head amp three ist ein konsequent symmetrisch aufgebautes Gerät. Und wieder einmal qualifiziert der Blick unter den geschlitzten Deckel, warum Dieter Mallach tatsächlich Sonderangebote fertigt: Die Maschine ist derartig aufwendig, dass die 4.000 Euro Einstandspreis irgendwie in Ordnung gehen. Auf der flächendeckenden Hauptplatine des Gerätes stecken sechs dicht bepackte Module. Drei davon dienen der Stromversorgung, drei der Signalverarbeitung. Hinzu kommen sechs Kleinsignalröhren und vier Übertrager. Die zwei großen Ringkerne in der Mitte sind die sonderangefertigten Ausgangsübertrager. Die sind nur dann im Spiel, wenn dynamische oder magnetostatische Kopfhörer betrieben werden. Sind Elektrostaten gefragt, darf der Hochspannungsausgang des Gerätes ohne Umweg aktiv werden; Elektrostaten brauchen hohe Spannungen zum Betrieb, die normalerweise vom serienmäßigen Speiseteil des Kopfhörers bereitgestellt werden. Die Ausgangsübertrager haben zwei Sekundärwicklungen, die sich entweder in Reihe oder parallel betreiben lassen; Ersteres empfiehlt sich für eher hochohmige Kopfhörer, Letzteres für niederohmige – oder für Lautsprecher. Elektrisch funktioniert das Ganze wie folgt: Eingangssignale werden nach dem Umschalten per Relais von Eingangsübertragern „zwangssymmetriert“. Anschließend geht’s zum Pegelsteller aus Relais und Festwiderständen. Die Spannungsverstärkungs- und Treiberstufe arbeitet mit vier Novalpentoden vom Typ EF184, die mit zwei Doppeltrioden E81CC (unter anderem) eine interessante SRPP-Stufe bilden – das ähnelt der Anordnung in der großen Line-Vorstufe „preamp four line“. Um die Leistung kümmern sich – für einen Kopfhörerverstärker ist das schon ziemlicher Irrsinn – vier Beam Power-Tetroden vom Typ 6V6, die für diesen Fall ideale Daten aufweisen und leistungsmäßig etwas unterhalb der bekannten EL34 angesiedelt sind. Die Leistungsröhren sind liegend montiert, stehend wären sie einfach nicht unterzubringen gewesen. Bei MalValve versorgt man seine Verstärker schon länger ausschließlich mit Schaltreglern. Eine nicht ganz triviale Anordnung aus mehreren unterschiedlichen Vertretern dieser Zunft besorgt die erkleckliche Anzahl von Heiz-, Anoden-, Gittervor- und sonstigen Spannungen. Die Essener sind technologisch in dieser Hinsicht sehr weit, und mir ist kein anderer Hersteller von Röhrengeräten bekannt, der es zu ähnlich konsequenten Stromversorgungslösungen gebracht hätte. Auch bei der Bedienung unterscheidet sich der head amp three grundlegend von allen anderen Kopfhörerverstärkern. Sechs Taster und ein rotes Klartextdisplay erlauben den Wechsel zwischen den verschiedenen Ein- und Ausgängen und die Lautstärkeeinstellung. Es gibt keine Menüs, was auch mal ganz angenehm ist. Das Gerät merkt sich beim Ausschalten für jeden Ausgang die zuletzt eingestellten Pegel und ist komplett intuitiv bedienbar – so sollte das sein. Als Erstes durfte wieder einmal Bill Henderson und sein wunderschönes „Send in the Clowns“ auf den Plattenteller. Der 45er-Umschnitt auf Clarity Vinyl ist ohnehin eine Klasse für sich, doch was das Stück via MalValve und Stax SR-303 tut, das war mir bisher unbekannt und lässt mich das originale Stax-Speiseteil ganz schnell tief in die Ecke stellen. Via MalValve klingt der Stax erheblich farbiger, energischer; die Stimme steht viel kompakter und besser umrissen im Raum, feinste bislang unhörbare Nuancen integrieren sich auf einmal zu einem fantastisch authentischen Ganzen. Mit dem großen Sennheiser geht’s in eine erstaunlich ähnliche Richtung; ich kann mich auch hier kaum erinnern, ihn je so intensiv und ergreifend gehört zu haben. Bislang hatte ich immer den Eindruck, der Stax habe im Bass schon ob der offenen Bauweise seine Grenzen. Möglicherweise war diese Einschätzung nicht ganz korrekt, wie das neue Dead-Can-Dance-Album „Anastasis“ beweist. Am MalValve steigt der SR-303 ungeheuer präzise und tief in den Keller. Selbstverständlich dickt er nicht im Geringsten auf, schwingt ungemein schnell aus und liefert ein absolut perfektes Abbild von dem, was das australische Ausnahmeduo sich da hat einfallen lassen. Okay, für derbere Rockmusik würde ich immer noch einen dynamischen Hörer vorziehen – ich hätte ja gerne mal einen der von mir hoch geschätzten 32-Ohm-Grados ausprobiert, was mangels Vorhandensein leider nicht geklappt hat. Irgendwelche Zweifel, dass diese enorm potente Maschine auch einen solchen Hörer perfekt ansteuert habe ich jedoch keinesfalls.
Fazit
Kopfhörer goes High End. Und zwar so richtig. Der Essener Wahnwitz-Kopfhörerverstärker klingt mit jedem Kopfhörer konkurrenzlos intensiv, detailliert und kraftvoll. Von hier aus gibt’s kaum einen Weg zurück.