Polierte Edelstahlgehäuse, vergoldete Fronten – das ist das Gesicht der Verstärkers des französischen Herstellers Jadis seit vielen Jahren. Eine kleine Vor-Endkombi bricht nun mit dieser Tradition
Mitspieler
Plattenspieler:
Transrotor Zet 1 / 5009 / Merlo Reference
Commonwealth 12D3 / Schick 9” / Lyra Atlas
Zubehör:
Netzsynthesizer PS Audio P10
NF-Kabel von van den Hul und Transparent
Phonokabel van den Hul
Lautsprecherkabel von Transparent
Plattenwaschmaschine von Clearaudio
Gegenspieler
Vorstufen:
D’Agostino Momentum Preamplifier
Endstufen:
D’Agostino Momentum Stereo Amplifier
Lautsprecher:
Klang + Ton Nada
Omnes Audio Flat 5
Klang + Ton Phi
Ja, ja, die Deutschen. Nie zufrieden.
Immer wollen sie eine Extrawurst. Ich tippe mal, dass der langjährige Jadis-Statthalter in Deutschland, Audioplan-Chef Thomas Kühn, nicht nur offene Türen eingerannt ist, als er seinem Lieferanten eine eigene Gehäusevariante für die Vorstufe JP15 und die Monoendstufen JA15 abringen wollte. Die drei Geräte hier belegen jedoch: Er hat sich wohl durchgesetzt. Der Edelstahl wich einem silbergrauen Hammerschlag-Finish, die vergoldeten Fronten schimmern nunmehr mattsilbern. Ich find’s gut. Das verleiht den Geräten so einen archaischen Look und sieht nicht so aus, als müssten die Maschinen unbedingt im Thronsaal in Versailles stehen. Und außerdem passt’s bestens zum Namen des Herstellers, der so viel wie „ehemals, früher“ bedeutet. Seinerzeit von den Herren Caffi und Calmettes mit Bedacht gewählt, wollten sie doch die großen Röhrenkonzepte aus den Fünfzigern und Sechzigern wieder auferstehen lassen und in die Moderne transferieren. Die Vorstufe JP15 kostet 3.000 Euro, die Endstufen JA15 3.600 Euro pro Paar. Das ist nun nichts für die Portokasse, aber in Anbetracht des Umstandes, dass die Geräte in Handarbeit in Mitteleuropa entwickelt und gebaut werden, immer noch ziemlich günstig. Und, liebe Billighersteller, von diesen Dingen dürft ihr euch gerne die eine oder andere Scheibe abschneiden. Nehmen wir mal die JP15 unter die Lupe. Die sauber ausgeführte Hammerschlaglackierung gibt’s nicht nur da, wo man’s normalerweise sieht, sondern überall: Auf der Unterseite des massiven Stahl-Gehäusedeckels, auf der Innenseite der Rückwand, auf dem Bodenblech unter der Platine. Das ist für die Funktion des Gerätes reichlich unwichtig, sorgt bei mir als jemandem, der von Berufs wegen in alle Ecken eines solchen Gerätes guckt, aber spontan für Vertrauen. Oder der Eingangswahlschalter: Das ist eine amtliche Armatur vom Schweizer Hersteller Elma. Zwei blaue Alps-Potis kümmern sich um Lautstärke und Balance. Eingänge gibt’s sechs Stück, dazu gesellt sich eine Tape- Schleife, die per Kippschalter aktiviert wird. Einen Schalter zum Stummschalten des Ausgangs gibt’s auch. Natürlich gibt’s keine Fernbedienung oder solch modernes Teufelszeug, auch die Phonovorverstärkung bleibt einer externen Lösung vorbehalten, aber das Ganze macht einen überaus soliden und durchdachten Eindruck. Die Elektronik ist auf einer das ganze Gehäuse einnehmenden Platine angeordnet. Rechts der Verstärkerteil, links die Stromversorgung. Dazwischen eine Menge Nichts, damit Letzere Ersterer nicht in die Parade fährt. Die gesamte Verstärkerei erledigen zwei Doppeltrioden: eine ECC82 von Electro Harmonix und eine CV4024, was mehr oder weniger einer ECC81 entspricht. Diverse blaue BC (vormals Philips-) Elkos puffern die Betriebsspannungen, Koppelkondensatoren gibt’s verschiedene. Und natürlich wär’s kein französisches Gerät, wenn nicht auch französische Solen-MKPs dabei wären. Ein wohlproportionierter Trafo versorgt das Ganze, die Heizspannung für die Röhren wird per Dreibeinregler stabilisiert. Nichts Aufregendes, aber grundsolide gemacht. Gefällt mir, zuschrauben. Wenden wir uns den Monos zu. Ausgangsübertrager und Netztrafo sorgen für ordentlich Gewicht. In Anbetracht dessen, dass wir hier eine klassische Gegentaktendstufe der 30-Watt-Klasse vor uns haben, wirken die Trafos sehr ordentlich dimensioniert. Unter dem Lochblechdeckel hinten auf dem schmalen, aber sehr tiefen Gehäuse stecken die drei glimmenden Protagonisten: Eine ECC83 von Tung Sol besorgt Spannungsverstärkung und Phasendrehung, zwei 6CA7 (elektrisch einer EL34 entsprechend) besorgen die Leistung. Letztere sind übrigens mit Jadis gestempelt und offensichtlich auf Gleichheit selektiert. Der dicke Klotz ganz vorne auf dem Gehäuse, das ist der Netztrafo. Bevor er seine Energien ungehemmt in die verstärkende Elektronik ergießen darf, gilt es die Einschaltprozedur zu durchlaufen: Erst mit dem linken Kippschalter Netzspannung und Röhrenheizung einschalten, dann – nach einer gewissen Aufwärmphase mit dem rechten Schalter die Hochspannung hinzugeben. Jener Schalter ist übrigens mit „Warming“ und „Listening“ beschriftet; man darf ihn auch zwischendurch benutzen, um die Endstufe außer Betrieb zu nehmen, ohne das Gerät später wieder warmlaufen lassen zu müssen. Standby im Röhren-Style gewissermaßen. Der elektrische Aufbau ist zweigeteilt: Die Stromversorgung mit Gleichrichterdioden, Siebelkos und ein wenig Kleinkram darf eine Platine bevölkern, die Verstärkerschaltung nicht: Sie ist in bester Tradition frei verdrahtet. Die dreidimensionale Bauteileanordnung ist clever realisiert, sorgt für kürzestmögliche Signalwege und minimale Verkoppelungen zwischen den signalführenden Leitern. Rückseitig gibt’s die Cinch-Eingangsbuchse, die Kaltgeräte-Netzbuchse und lediglich ein Paar Lautsprecherklemmen. Man muss sich also keinerlei Gedanken machen, zu welchem Übertragerabgriff der gewählte Lautsprecher am besten passt – es gibt nur einen. In Grenzen lässt sich das verschmerzen, zumal die Endstufe nach dem Ultralinearprinzip arbeitet: Bei dieser Variante braucht der Ausgangstrafo primärseitig einen zusätzlichen Abgriff, der mit dem Schirmgitter der Endröhre (deshalb funktioniert’s nicht mit Trioden, die haben kein Schirmgitter) verbunden wird. Resultat: verbesserte Linearität, weniger Verzerrungen. Die kleine Jadis-Vorstufe gilt als veritables Tuning-Kit für Endverstärker anderer Hersteller, vorzugsweise halbleiterbestückte Vertreter; also schauen wir doch mal, wie sich die Französin mit der Stereoendstufe von Dan D’Agostino verträgt. Das erfordert zwar eine Adaptierung des unsymmetrischen Ausgangs auf die XLR-Anschlüsse der Amerikanerin, aber das war schnell gemacht. Tatsächlich macht die JP15 keinen Hehl daraus, dass sie Charakter hat. Sie klingt kräftig, farbstark, leicht erdig und geht das mit der Wiedergabe von der emotionalen Seite an. Die Trommeln, die sich durch „What Good Am I“ von Tom Jones‘ 2010er-Album „Praise and Blame“ ziehen, klingen sonor und voluminös, zielen unmittelbar in die Regionen des Gehirns, die fürs Fußwippen zuständig sind. Vielleicht ein bisschen zu dominant das Ganze, aber sehr schön. Es folgt das rockige „Lord Help“, auch hier steht Dynamik im Vordergrund. Die Französin holt das Schlagzeug schön in den Vordergrund, platziert die Gesangsstimme aber noch bestechender, durchdringender. Man merkt: Sie will spielen, diese Vorstufe. Und zwar nicht nett und kuschelig, sondern mit Grip, Schwung und Ausdruck. Ein Hauch mehr Kontur im Bass dürfte man sich wünschen, muss man aber nicht. Ausgeprochen gut gefällt mir, was das Gerät mit Gesangsstimmen tut. Die Natürlichkeit, mit der die JP15 hier agiert, ist vorbildlich. Auf „Did Trouble Me“ klingt Mr. Jones mit dem genau richtig abgezirkelten Maß an Zischlauten; es nervt nicht, ist aber gleichzeitig bestens verständlich. Wenn Live-Atmosphäre gefragt ist, dann dreht die JP15 richtig auf. Gleich der Opener „On The Way Home“ von Neil Youngs fantastischem Massey-Hall-Konzert 1971 verschafft uns Plätze in der ersten Reihe. Es klingt überaus direkt, ergreifend und spannend. Im Vergleich zu der unbezahlbaren D’Agostino-Vorstufe bildet die Jadis ein bisschen zu groß und weniger klar ab, kostet aber auch rund 36.000 Euro weniger – damit kann man gut leben. Der Wechsel auf die Jadis-Monos sorgte für hörbare Veränderungen. Das Klangbild ist nur mehr zwischen den Lautsprechern konzentriert, macht die Intimität des Konzertes damit vielleicht noch glaubhafter. Es klingt insgesamt etwas zivilisierter, zurückhaltender und ruhiger. Der etwas kräftige Charakter der Vorstufe ist nunmehr fast verschwunden, die beiden Jadis-Geräte ergänzen sich zu einer tonal ausgewogenen Angelegenheit. Der Wechsel der Lautsprecher brachte die Dynamik zurück, was nicht weiter überrascht: Im Vergleich zu einer kräftigen Transistorlösung stinkt ein Pärchen 6CA7 an einem Siebzehner Bass einfach ab, wenn man etwas mehr als Zimmerlautstärke will. In dieser Hinsicht viel besser funktionierte eine Selbstbaubox mit ungefiltertem Fünfzoll-Breitbänder in einem Transmissionline-Gehäuse. Der ist zwar auch kein Wirkungsgradwunder, aber die direkte Verbindung zwischen Schwingspule und Verstärker wirkt hier wahre Wunder: So hat das Ganze Verve, Druck und macht ungeheuren Spaß. Klar geht mit der großen Pappe diesbezüglich noch mehr: 30 Watt und ein lauter Fünfzehnzöller, das geht wie die Hölle. Je entlasteter die wunderschön zeichnenden Endstufen spielen dürfen, desto mehr kommt der hemdsärmelige, ungestüme Charakter der Vorstufe wieder durch. Ich empfehle viel Exprimentieren bei der Lautsprecherwahl; wenn diese Verstärkerkombi richtig kombiniert wird, dann spielt sie wirklich wie eine große.
Fazit
Klasse Verarbeitung, Fertigung vor der Haustür, klanglich bei richtiger Lautsprecherwahl großes Kino: die drei Französinnen wissen, wie man Interesse weckt.