Kategorie: Vor-Endstufenkombis Hifi

Systemtest: Canor Hyperion P1, Canor Virtus M1


Referenzröhren: Verstärkerkombi aus dem Hause Canor Audio

Vor-Endstufenkombis Hifi Canor Hyperion P1, Canor Virtus M1 im Test , Bild 1
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Sie haben’s getan: Nach über 25 Jahren des Elektronikschaffens war es Zeit für eine kompromisslose Verstärkerkombi aus dem Hause Canor Audio. Wir freuen uns, Ihnen die beeindruckenden Maschinen exklusiv vorstellen zu dürfen

Glück gehabt, würde ich sagen. Zwei Monate später und das Erstellen dieser Geschichte wäre womöglich nicht mehr so lustig geworden. Was damit zusammenhängt, dass die Damen und Herren von Canor Audio an ihr brandneues dreiteiliges Verstärkerset ein großes „Class-A“-Schild gehängt haben und es damit ziemlich ernst meinen. Was zur Folge hat, dass das Gespann im Betrieb dauerhaft – also unabhängig von der Aussteuerung - 700 Watt Strom verbraucht und im schlimmsten Fall davon nichts in Energie zum Lautsprecherantrieb, sondern alles in Abwärme umsetzt. Was in nicht allzu großen Hörräumen zu einer durchaus nennenswerten Temperatursteigerung führt, und im Sommer muss das keine reine Freude sein.

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Auf der anderen Seite: Wer rund 40000 Euro in seinen neuen Lautsprecherantrieb investiert, der hat vermutlich ein paar Kubikmeter Hörraumluft mehr, womit die Erwärmung nicht mehr so ins Gewicht fällt.   

Die Canor-Vorstufe hört auf den Namen Hyperion P1 und wechselt für 12000 Euro den Besitzer. Die Monoendstufen heißen Virtus M1 und kosten 14200 Euro pro Stück. Beide Geräte sind entweder in silberfarben oder schwarz eloxierten Gehäusen erhältlich.  

Dass diese Statement-Produkte überhaupt das Licht der Welt erblickt haben, ist nicht weiter verwunderlich: Nach über 25 Jahren mehr oder weniger kontinuierlichen Wachstums des Unternehmens aus der östlichen Slowakei war es einfach mal an der Zeit, die Karten auf den Tisch zu legen und zu zeigen, was geht, wenn man’s ungebremst ernst meint.   

Rein äußerlich lassen sich die drei Schwergewichte (35 kg für die Vorstufe, 40 kg für eine Endstufe) problemlos als Canor- Produkte identifizieren. Die geradlinige Formensprache mit dem großen mittig angeordneten „Bedienzylinder“ gehört zum Canor-„Gesicht“, genau so wie der quer über die Front verlaufende schwarze Acrylstreifen mit den dahinter angeordneten Bedien- und Anzeigeelementen. Beim Rest der Produktpalette versteckt sich die Technik unter massiven schwarz gepulverten Stahlblechdeckeln, bei der Referenzkombi durfte es deutlich feineres Aluminium mit großzügigen Kühlöffnungen und eingefrästen Firmenlogos sein. Die Metallarbeiten erledigt Canor übrigens allesamt im eigenen Hause, man ist zurecht stolz auf die große Fertigungstiefe.   

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Vorstufe, die, wie die Endstufen auch, konsequent vollsymmetrisch realisiert wurden. Davon künden zunächst erst einmal die vier XLR-Ein- und zwei XLR-Ausgänge auf der Rückseite, denen fünf Cinch-Ein- und zwei -Ausgänge zur Seite stehen. Ansonsten offenbart die Rückseite eine Netzeingangsbuchse und zwei Triggeranschlüsse, mit denen sich die Endstufen ferneinschalten lassen.   

Ansonsten wird per Infrarot oder mittels kleinen Tasters auf der Front eingeschaltet. Den Einschaltwunsch quittiert die Maschine zunächst mit einer kleinen blinkenden LED, es folgt ein deutliches Räuspern diverser Relais im Inneren und die typische Canor-Lightshow geht los. Soll heißen: Das typische orangefarbene Leuchten des Punktmatrix-Displays erstrahlt. Wenn die pumpende Helligkeit konstantem Leuchten gewichen ist, dann ist das Gerät betriebsbereit.  

Im Inneren findet sich ein per massiver Aluminiumwände in zwei Teile separierter Aufbau: Links das Netzteil, rechts die Signalverarbeitung. Strom bezieht das Gerät aus einem vergossenen, unmittelbar hinter der Front angeordneten Transformator, der seine besonderen Meriten per Laserbeschriftung zur Schau stellt. Er wird mit bereits netzgefiltertem Strom versorgt, auf der Netzteilplatine sorgen zahlreiche Regelschaltungen für eine saubere Versorgung des Röhrentraktes und der Steuerung. Dazu gehört auch der 64-stufige symmetrische Relais-Lautstärkesteller, der separat in dickwandiges Aluminium gehüllt wurde. Die Verstärkerschaltung selbst geriet erfreulich schlicht: Pro Kanal erledigen drei Doppeltrioden (2 x 6922, 1 x 6H30) den Job – natürlich ebenfalls vollsymmetrisch. Das funktioniert offenbar ausgezeichnet, wie der Labordurchgang beweist. Bis die Endstufen warm sind, können wir uns noch ein bisschen am sanften Klicken der Pegelstellerrelais erfreuen, wenn man am Lautstärkezylinder dreht – ich traue mich kaum, das schnöde „Knopf“ zu nennen.   

Die Endstufen zählen zu den kräftigsten Röhrengeräten, die ich je in Händen hatte: 250 Watt Dauerleistung sind ohne Probleme drin, wenn man‘s drauf anlegt. Das ist schon von daher erstaunlich, weil’s mehr als das Doppelte von dem ist, was der Hersteller angibt. Dafür bemüht Canor eine Brückenschaltung mit zweimal zwei Peam - Power - Röhren vom Typ KT150, die zum Kräftigsten zählen, was der Markt bereit hält. Das Gerät ist von Ultralinear- auf Triodenbetrieb umschaltbar, mit einem kleinen Kippschalter am Boden lässt sich die ohnehin geringe Gegenkopplung ganz eliminieren. Sogar im nicht gegengekoppelten Triodenbetrieb leisten diese Monster noch satte 180 Watt. Jeder Monoblock verpulvert dabei ständig 300 Watt elektrischer Leistung – es muss sich noch zeigen, wie lange die Endröhren das mitmachen. Während des Testzeitraumes jedenfalls gab es in dieser Hinsicht jedenfalls nicht den Hauch eines Problems. Für den Antrieb der großen Röhren sind zwei ECC82 und eine ECC81 zuständig. Der dicke Netztrafo sitzt zusammen mit der Drossel für die Hochspannungsversorgung in einer dämpfenden und abschirmenden Metallbox. Um die Betriebsspannung des Verstärkers unter allen Umständen konstant zu halten, hat der Netztrafo übrigens mehrere Primärwicklungsabgriffe. Ein elektronischer Helfer misst kontinuierlich die Netzspannung und wählt die dazu passende Wicklung. Sehr clever, Sie als Anwender merken nichts davon. Alle Trafos, auch die Ausgangsübertrager fertigt Canor selbst. Für eine Endstufe dieser Leistungsklasse sind jene erstaunlich kompakt geraten, aber die Messtechnik gibt dem Hersteller auch an dieser Stelle Recht: Keinerlei nennenswerte Abfälle im Bass und erfreuliche Linearität sind das Ergebnis. Auch sonst sieht die Bestückung so aus, wie es sich für Verstärker dieser Qualitätsklasse gehört. Das beginnt mit dem massiven Siebelko für die Hochspannung und endet nicht bei den Silber-Gold-Öl-Koppelkondendensatoren von Mundorf.   

Rückseitig gibt’s zwei Paar luxuriöser Lautsprecherklemmen für den Anschluss von Vier- und Acht-Ohm-Lautsprechern. Ich habe sämtliche Hörtest mit den Acht- Ohm-Abgriffen gemacht, was bestens funktioniert hat.   

Selbstverständlich habe ich den Hörtest mit meinen üblichen 96-Dezibel-Boxen angefangen, wohl wissend, das Treibsätze wie diese hier vollkommener Overkill für Wandler mit soviel Wirkungsgrad sind. Tatsächlich aber lässt sich hier sehr gut die technische Qualität der Canor-Kombi ablesen: Ohne Signal am Eingang ist auch bei voll aufgedrehtem Pegelsteller erstaunlich wenig Rauschen zu vernehmen. Kompliment!   

Ohne Zweifel sind die beiden Endstufen die klanglich dominierenden Geräte dieser Kombination. Was an den Umschaltmöglichkeiten für die Gegenkopplung und die Betriebsart liegt. Vollkommen außer Frage steht, dass der Gegenkopplungsschalter eigentlich überflüssig ist – die Virtus M1-Monos spielen bei abgeschalteter Gegenkopplung wie entfesselt, mit Gegenkopplung brav und… nett. Dieses Phänomen habe ich zunächst auf die „lauten“ Lautsprecher geschoben, der Effekt tritt jedoch auch bei den mit 87 Dezibel deutlich leiseren Fishhead Audio StrEight 1.8 FS auf. Der Pegelunterschied zwischen zu- und abgeschalteter Gegenkopplung ist zudem sehr gering, offenbar reicht hier also schon wenig Gegenkopplung, um das Klangerlebnis nachhaltig zu stören. Bei der Frage Ultraliner- oder Triodenbetrieb sieht’s nicht ganz so einfach aus. Ich persönlich bevorzuge den etwas ruppigeren und blumigeren Triodenbetrieb, kann aber verstehen, wenn jemand den geradlinigeren Ultralinearmodus bevorzugt.   

Passend eingestellt, erinnert mich die Canor-Kombi an große amerikanische Röhrentechnik. Sie verfügt über schier unerschöpfliche Kraftreserven und macht Tools irsinnges Album „Fear Innoculum“ zu einem Fest des Musikhörens per Bauch, wahrt auch bei extrem unvernünftigen Pegel perfekt die Stabilität und Balance, klingt immer rhythmisch überzeugend, farbstark und echt. Eine Stimme wie das ganz besondere Organ von Greg Dulli (Afghan Wigs, Twilight Singers) klingt hier so schön schräg und explosiv, wie ich es selten erlebt habe, Tindersticks-Frontmann Stuart Staples nimmt uns so liebevoll in den Arm, dass Tränenfluss fast unvermeidlich ist. Großartig!

Fazit

Canors Top-Kombi ist eine Sternstunde des Röhrenverstärkerbaus. Farbstark, rhythmisch, geschmeidig und extrem kräftig überzeugen sie klanglich auf ganzer Linie.

Kategorie: Vor-Endstufenkombis Hifi

Produkt: Canor Hyperion P1

Preis: um 12000 Euro

6/2022

Kategorie: Vor-Endstufenkombis Hifi

Produkt: Canor Virtus M1

Preis: um 14200 Euro

6/2022
 
Ausstattung & technische Daten: Canor Hyperion P1
Preis: ca. 12000 
Vertrieb: IDC Klaassen, Lünen 
Telefon: 0231 9860285 
Internet: www.canor-audio.de 
Garantie: 2 Jahre 
B x H x T: 450 x 190 x 465 mm 
Gewicht: ca. 35 
Unterm Strich ... Canors Top-Kombi ist eine Sternstunde des Röhrenverstärkerbaus. Farbstark, rhythmisch, geschmeidig und extrem kräftig überzeugen sie klanglich auf ganzer Linie. 
Ausstattung & technische Daten: Canor Virtus M1
Preis: 14200 Euro 
Vertrieb: IDC Klaassen, Lünen 
Telefon: 0231 9860285 
Internet: www.canor-audio.de 
Garantie: 2 Jahre 
B x H x T: 450 x 190 x 465 mm 
Gewicht: ca. 40 kg 
Unterm Strich ... Canors Top-Kombi ist eine Sternstunde des Röhrenverstärkerbaus. Farbstark, rhythmisch, geschmeidig und extrem kräftig überzeugen sie klanglich auf ganzer Linie. 
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Autor Holger Barske
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Datum 22.06.2022, 09:39 Uhr
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