Eine Phonovorstufe, MM- und MC-fähig mit umfangreichen Anpassungsmöglichkeiten an den Tonabnehmer und dann auch noch mehrere umschaltbare Entzerrungskennlinien? Das klingt nach mindestens 5-Kilo- Klasse – in Sachen Masse und Preis. So dachte ich ....
Mitspieler
Plattenspieler:
Linn LP12 mit Ekos II
Transrotor Fat Bob S mit SME IV
Denon DP-6700 mit Stax UA7
Tonabnehmer:
Denon DL-103
Nagaoka MP-110 und MP-500
Van Den Hul The Crimson
Linn Kandid
Verstärker:
Silbatone 300B
Acoustic Masterpiece AM- 201
Dartzeel NHB-18NS und NHB-108
Lautsprecher:
Manger MSSp1
K+T Minimonitor TS
Zubehör:
Netzleisten von PS Audio, Silent Wire
Kabel von van den Hul, Silent Wire
Basen von Liedtke Metalldesign, Thixar und Accurion
Gegenspieler
Phonovorstärker:
Clearaudio Smartphono
Quad Twentyfour P
Was mir da buchstäblich auf den Schreibtisch geflattert kam, war ein kleines, längliches Päckchen, in dessen Format man normalerweise einen MP3- Player unterbringt oder vielleicht noch ein Handy, wenn es so etwas noch gibt. Für ein handelsübliches Smartphone ist der Karton, ehrlich gesagt, schon zu klein.
„iFi“ steht darauf, das ist dann wohl der Herstellername, und „iPhono“, wohl die Produktbezeichnung. Das deutet eindeutig auf einen Phonoverstärker hin, der sich in Sachen Kompaktbauweise mit den kleinsten Einsteigermodellen anderer Hersteller messen kann. Holt man den stabilen Aluminium-Riegel aus dem Karton, wird einem aber schnell klar, dass es hier nichts ist mit Einsteigerklasse – zumindest technisch gesehen. Der Preis hingegen liegt in einem extrem erfreulichen Bereich, nämlich unter 400 Euro – da nehmen wir das eingesparte Material beim Gehäuse gerne in Kauf! Was ist denn nun iFi und der iPhono? Nun, bei der Firma handelt es sich um nichts anderes als den „Mini-Geräte-Ableger“ von AMR, einer in Kennerkreisen sehr gut beleumundeten High-End-Firma mit Sitz in Großbritannien, Fertigung in China und deutschem Entwickler. Thorsten Lösch heißt der Mann, der gerne die ausgetrampelten Pfade des Elektronik-Designs verlässt, um neue, unkonventionelle und vor allem hochwertige Lösungen zu finden. Dazu später mehr. Die iFi-Produktpalette umfasst im Moment sechs verschiedene Geräte im Westentaschenformat, darunter ein paar nützliche Helferlein für die digitale Musikwiedergabe, einen vorzüglichen DAC und einen kleinen Vorverstärker, der neben einer exorbitant ausgestatteten Digitalsektion bei der Verstärkung zumindest teilweise auf Röhrentechnik(!) setzt. Thorsten Lösch schreckt also sozusagen vor nichts zurück – er verwendet an jeder Stelle seiner Schaltungen immer die Technik, die an diesem Punkt am besten funktioniert. Und so können wir auch bei der iPhono einiges erwarten: Um die exzellenten Werte für Fremdspannung und den niedrigen Klirr zu erreichen, wurde in dem kleinen Gerät einiges an Technik aufgefahren. So ist die RIAA-Entzerrung nicht etwa die in dieser Preisklasse übliche Negative-Feedback- Schaltung, sondern die CR-Variante, die allerdings eine sorgfältige Auswahl der verwendeten OP-Verstärker voraussetzt und – natürlich – auch ein cleveres Schaltungsdesign, um Verzerrungen über den gesamten Frequenzbereich konstant niedrig zu halten. Außerdem können die verwendeten OP-Amps direkt an den MM-Tonabnehmer gekoppelt werden, ohne dass am Eingang der Phonostufe Koppelkondensatoren eingesetzt werden. Auch für die Verstärkung der kleinen MC-Signale ist man nicht den einfachen Weg gegangen. Das Motto „viel hilft viel“ ist zwar in Löschs Augen eine legitime Herangehensweise, aber eben nicht die seine. Für die MC-Vorverstärkung setzt er auf ein Pärchen komplementär geschalteter bipolarer Transistoren, die so ebenfalls keinen Koppelkondensator am Eingang benötigen. Eine solche Schaltung ist hoch empfindlich gegen Einstreuungen aus dem Netzteil und gegen hochfrequente Störungen, so dass auch hier erst eine sorgfältige Auslegung die bestmöglichen Resultate liefert. Der jeweils nicht verwendete Eingang wird einfach auf Masse gelegt und somit direkt stumm geschaltet, so dass das Signal des aktiven Inputs keinen Schalter durchlaufen muss. Die passiven Bauteile der Schaltung sind nahezu ausschließlich in SMD-Technik ausgeführt – durch das spezielle Bestückungsverfahren mit langjähriger Betriebssicherheit und offensichtlich den kürzestmöglichen Signalwegen. Diesen Exkurs in die Gedanken des Konstrukteurs zu seiner Kreation möchte ich abschließen mit ein paar Worten zu unseren Messungen, die eindrucksvoll belegen, dass der Anspruch in die Wirklichkeit umgesetzt wurde. Einziger „Schwachpunkt“ des Geräts waren die Werte für die Kanaltrennung, die etwas unter denen größerer Vorstufen liegen. Das ist aber tatsächlich vor allem ein Problem der räumlichen Beengtheit in dem winzigen Gehäuse. Ansonsten liegen die Werte für Fremdspannungsabstand und Klirr auf absolutem Top-Niveau – die meisten Referenz-Phonovorstufen mit entsprechendem Preisschild kommen da nicht mit. Dies gilt auch für die Einstellmöglichkeiten, die die kleine iPhono mitbringt. Drei umfangreiche „Mäuseklaviere“ an der Unterseite bieten eine Vielzahl von Anpassungsmöglichkeiten. Da gibt es erst einmal die verschiedenen Verstärkungsstufen von 40 bis 66 Dezibel, dann die diversen Eingangskapazitäten für MM und -widerstände für MC. Und schließlich – vielleicht für viele Leute der Grund, sich die iPhono zu kaufen – die umschaltbaren Entzerrerkennlinien. Immerhin vier verschiedene RIAA-Kennlinien sowie DECCA und Columbia lassen sich einstellen. Die RIAA gibt es mit oder ohne Neumann-Konstante und die beiden Varianten wiederum jeweils mit oder ohne Subsonic-Filter. Der beigefügten Kurzanleitung ist zu entnehmen, welche Plattenlabel in welchem Zeitraum die infrage kommenden Schneidkennlinien verwendet haben – eine feine Sache für Besitzer historischer Aufnahmen, die zwar mit einer handelsüblichen RIAA irgendwie schon immer abspielbar waren, mit der korrekten Entzerrung aber eben doch in ganz neuem Glanz erstrahlen. Ein Wort noch zum mitgelieferten Zubehör: Neben dem Steckernetzteil und einem ordentlichen Cinch-Kabel gibt es noch ein Teil, das man gerne auch bei anderen Herstellern mal in die Verpackung legen darf: einen Adapter von Schraubklemme auf Bananenbuchse, mit dem man in Sachen Massekontakt auf jeden Fall auf der sicheren Seite ist. In der Anlage verschwindet die iPhono buchstäblich sofort. Zuerst einmal optisch: Neben fast schon jedem beliebigen Plattenspieler oder Verstärker ist das Ding einfach winzig. Der Vorteil: Mann kann die kleine Phonostufe direkt neben dem Plattenspieler postieren und so die Kabelwege kurz halten. Durch die umfänglichen Anpassungsmöglichkeiten kann man die meisten Tonabnehmer optimal betreiben, so dass sie ihre klanglichen Eigenschaften über die Verstärkerkette „herüberretten“ können. Hier verschwindet die iPhono zum zweiten Mal – sie betreibt kein Sounding, sondern verstärkt einfach linear. Das sehr clever ausgelegte Subsonicfilter verursacht keinerlei hörbare Löcher im Bass, sondern bringt der Wiedergabe noch eine Spur mehr Klarheit und Definition. Die Abbildung ist sehr fest mit einer Betonung auf die stabile Mitte – nach außen haben wir schon weiter gespannte Bühnen gehört – wie man das mag, ist aber Geschmackssache. Was man der iPhono unbedingt anhört, sind die dynamischen Reserven, die in dem kleinen Kistchen schlummern. Gerade mit großorchestralen Aufnahmen, bei denen man die Möglichkeiten des Mediums Schallplatte voll ausschöpft, kann das Gerätchen aus dem Vollen schöpfen und bei massiven Dynamiksprüngen den großen Kollegen zeigen, wo es langgeht.
Fazit
Sei es als Hilfsmittel, um endlich alle Platten mit der korrekten Entzerrung abzuspielen, als Universalwerkzeug für den Einsatz der verschiedensten Tonabnehmer oder als Haupt-Phonostufe: Die iPhono macht überall eine gute Figur und weitet die Grenzen des Genres „Phonoverstärker“ deutlich aus.