Kategorie: Verstärker Endstufen

Röhrenendstufe English Acoustics Stereo 21c


Ein Traum für Frischluftfans von English Acoustics

Endstufen English Acoustics Stereo 21c im Test, Bild 1
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Zugegeben, die Farbe unseres Testgerätes ist nichts für zart besaitete Naturen, davon ab dürfen Sie sich aber gerne fragen, ob sie diese Endstufe nicht schon irgendwo mal gesehen haben.

Historie


Genau diese vermutlich nicht, aber bei der „Inspiration“ für die English Acoustics Stereo 21c wäre das absolut möglich: Das Vorbild für das schmucke „Cabrio“ von der britischen Insel ist nämlich ein absoluter Klassiker des Verstärkergenres in Gestalt der „Leak Stereo 20“. Jene erblickte im April 1958 das Licht der Welt, fast zeitgleich mit dem Erscheinen der ersten Stereo- Langspielplatte. Firmengründer Harold Leak ist ein wichtiger Mann in der Verstärkergeschichte, der schon zum Ende des zweiten Weltkriegs das Kunststück fertigbrachte, die damals üblichen Verzerrungswerte im Bereich von ein paar Prozent um Größenordnungen bis auf rund 0,1 Prozent zu reduzieren.

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Deshalb fand sich der Ausdruck „Point One“ in allen Leak- Typenbezeichnungen wieder. Leaks kleine Stereoendstufe hieß deshalb korrekt auch „Point One Stereo 20“, wobei die 20 für die Ausgangsleistung stand – verteilt auf beide Kanäle. Leaks besondere Art, seine Endpentoden mit einem zweiten Abgriff von der Primärseite der Ausgangsübertrager zu verschalten wurde später unter der Begriff „Ultralinearbetrieb“ bekannt und ist auch heute noch gängige Praxis. Die mit zwei EL84 bestückte Gegentaktendstufe schafft stressfrei etwas mehr als zehn Watt pro Kanal, das gilt auch für ihr aktuelles Pendant.   

Aufbau


Jenes wiederum hört auf die Typenbezeichnung „Stereo 21c“ und stammt von der 2015 gegründeten, selbstverständlich urbritischen Firma English Acoustics. In Sachen Aufbau sieht die Stereo 21c ihrem Urahn zum Verwechseln ähnlich, bei der Farbgebung weniger: Es gibt sie in zwölf mehr oder weniger farbenfrohen Varianten, gegen Aufpreis ist auch eine individuelle Lackierung machbar. Tatsächlich ist das „Nightingale Purple“ unseres Testgerätes ein serienmäßig lieferbarer Farbton, jenes wechselt dann für 8900 Euro den Besitzer.   

Selbstverständlich ist alles an diesem Verstärker britisch. Das fängt beim feinen (und vielleicht etwas spleenigen) Finish an und endet nicht bei den auf der Insel gewickelten Induktivitäten. Derer gibt es drei: In der Mitte am hinteren Rand des Chassis sitzt der Netztrafo, links und rechts daneben – zur Minimierung der magnetischen Kopplung korrekt um 90 Grad gedreht – die beiden Ausgangsübertrager. Der Hersteller weist ausdrücklich auf die feinen CNC-gefertigten Endkappen der Trafos hin, die tatsächlich das Tüpfelchen auf dem Verarbeitungs-“i“ sind. Nicht ganz standesgemäß erscheinen mir die beiden Billig-Cinchbuchsen, die vorne rechts auf dem Chassis montiert sind, da waren sie auch schon beim Original. Im Interesse kurzer Signalwege im Gerät ist die Platzierung völlig korrekt, im Sinne einer unauffälligen „Verkabelbarkeit“ jedoch ganz sicher nicht. Ohnehin baut die Endstufe tiefer als breit, man könnte darüber nachdenken, ob man sie nicht quer ins (oder besser aufs) Rack stellt. Dann hätte man auch die Eingangsbuchsen besser platziert.  

Ausstattung


Eine irgendwie geartete Abdeckung fürs Röhren- und Trafoensemble gibt’s übrigens nicht – weder damals noch heute. Auch Übertragerabgriffe für verschiedene Lastimpedanzen sucht man vergeblich – die Stereo 21c fühlt sich aber mit allen möglichen Wandlern ab vier Ohm aufwärts pudelwohl. Zwei Ausflüge in die Moderne zieren die Rückseite:

Endstufen English Acoustics Stereo 21c im Test, Bild 3
Nur der Betriebsstundenzähler und der Taster zum Einschalten erinnern an die Neuzeit
Ein digitaler Betriebsstundenzähler informiert per LCD über die Röhrenlaufzeit, die Inbetriebnahme erfolgt über einen ganz und gar nicht klassischen Drucktaster mit LED-Ringbeleuchtung.  

Röhrenbestückung


Die mit 26 Zentimetern Breite und 33 Zentimetern Tiefe erfreulich kompakte Endstufe stellt ihre glimmenden Protagonisten in zwei Reihen zur Schau: Das Bereitstellen der Leistung übernimmt das erwähnte Paar Pentoden im Ultralinearbetrieb, hinzu gesellen sich pro Kanal anderthalb Doppeltrioden vom Typ ECC83. Eine davon besorgt das Phasensplittimg und dient als Treiber, ein zusätzliches Triodensystem erledigt die eingangsseitige Spannungsverstärkung. Jene fällt mit rund 22 Dezibel übrigens recht kräftig aus, will sagen: Der Verstärker lässt sich mit ein paar hundert Millivolt bequem voll aussteuern, was man bei der Auswahl einer geeigneten Vorstufe vielleicht berücksichtigen sollte. In dem Zusammenhang: Hersteller English Acoustics arbeitet an einer passenden Vorverstärkerlösung, die ist derzeit aber noch nicht fertig. Und dann wäre da noch Röhre Nummer acht an Bord der Endstufe: Bei ihr handelt es sich um einen Gleichrichter vom Typ GZ34, der die Anodenversorgung des Röhrenensembles übernimmt.  

Interna


Ein Blick unter das Bodenblech der Endstufe lässt die Herzen des Röhrenfans höher schlagen: das verwendete Material ist vom Feinsten. Ölpapier- und Glimmerkondensatoren bestimmen das Bild, die Röhren stecken in Keramikfassungen mit vergoldeten Kontakten. Die passiven Komponenten sind auf einer Platine montiert, das Layout ist dem der Leak Stereo 20 ziemlich ähnlich. Die Röhrenfassungen sind frei verdrahtet – das war auch schon „damals“ so. Wer nach einer Möglichkeit zur Ruhestromeinstellung sucht, tut das übrigens vergeblich – darum kümmert sich das Konzept ganz alleine. Kenner der alten Leak werden das Fehlen jener ganz speziellen Röhrenfassung auf der Gerätefront bemerken, über die sich seinerzeit der hauseigene Vorverstärker anschließen und und mit Strom versorgen ließ: Auf jene nicht ganz unkritische Lösung verzichteten die Konstrukteure bei English Acoustics aus gutem Grund.  

Lautsprecherauswahl


Dass man an eine Endstufe mit zehn Watt Ausgangsleistung keine leistungshungrigen Impedanzmonster hängt, dürfte sich von selbst verstehen. Ich hab’s da leicht, meine Dreiwegekombi liegt mit jenseits von 95 Dezibel Wirkungsgrad und hornbestücktem Mittelhochtonbereich auf der völlig unkritischen Seite. Da bei einer derart britischen Angelegenheit wie dieser Endstufe die Kombination mit einer kleinen Kompaktbox vielleicht naheliegt, habe ich spaßeshalber mal meine „Werkstattboxen“ aus dem Hause Goodmans angeklemmt: 13-Zentimeter-Bass plus kleine Kalotte, hochpassgefilterte Bassreflexabstimmung. Und siehe da: Das geht ausgezeichnet.  

Klang


Die Kombi liefert tatsächlich einen traumhaft klaren, bestens durchgezeichneten Mittenbereich, der auch vor einer so extremen Stimme wie der von Nina Simone nicht kapituliert. Ihre „Black Swan“-Interpretation klingt energisch und inbrünstig und verliert nur ganz oben etwas Strahlkraft, aber das ist dem günstigen Hochtöner geschuldet. Der Tieftöner liefert in erstaunlichem Maße, tonal fehlt hier im Vergleich zu einem betont geradeaus spielenden Transistorverstärker gar nichts. Die Eigenarten der Stereo 21c kommen am großen Lautsprecher noch merklich besser zutage: Sie beeindruckt mit einer sehr feinen und geschmeidigen Gangart, die einen besonderen Realismus generiert. Sie wirkt geradliniger und präziser als zum Beispiel der Thivan Labs 811-Single- Ended-Verstärker, der an beiden Enden des Spektrums etwas mehr hinlangt, aber auch ungestümer wirkt. Die Stereo 21c ist in jeder Hinsicht eine extrem audiophile Angelegeheit, die extrem tief blicken lässt. Sogar bei etwas robusterem Material wie dem brandneuen Album „Atma“ der Instrumentalrocker vom „My Sleeping Karma“ versteht sie es, eine wunderbare Ruhe und Übersicht zu transportieren, verbunden mit einer ausufernden Raumdarstellung. Gerade bei den Gitarren- und Keyboard- Eskapaden finde ich es großartig, wie vollständig sich hier der Raum mit Klang füllt. Stimme, das fällt auch an den hochempfindlichen Druckkammertreibern auf, ist ganz besonders ihr Ding: Stuart Staples von den Tindersticks manövriert mit wunderbar vibrierender Eleganz durchs eigentlich eher karge Terrain, der ewige Geheimtipp Ryan Adams rührt auf „Gold“ auf höchstem Niveau zu Tränen – ganz große Klasse.

Fazit

Für die etwas feineren Seiten des Hörens ein echter Traum: ausdrucksstark, detailversessen und geschmeidig. Eine feine Verbeugung vor dem Klassiker-Vorbild.

Kategorie: Verstärker Endstufen

Produkt: English Acoustics Stereo 21c

Preis: um 8900 Euro

9/2022

Für die etwas feineren Seiten des Hörens ein echter Traum: Eine feine Verbeugung vor dem Klassiker-Vorbild.

English Acoustics Stereo 21c

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Ausstattung & technische Daten 
Preis (in Euro) ab 8900 Euro 
Vertrieb KlangLoft München mediabit GmbH, Aschheim 
Telefon 089 96058981 
Internet www.klangloft.de 
Garantie 2 Jahre 
B x H x T (in mm): 260/170/330 
Gewicht: ca. 13 kg 
Unterm Strich... Für die etwas feineren Seiten des Hörens ein echter Traum: ausdrucksstark, detailversessen und geschmeidig. Eine feine Verbeugung vor dem Klassiker-Vorbild. 
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Holger Barske
Autor Holger Barske
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Datum 28.09.2022, 10:00 Uhr
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Topthema: HÖRTEST2024
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