Digitales High-End hat immer mehr mit kleinen, feinen Audiogeräten zu tun, die extrem gute Klänge aus kompakten Kistchen zaubern – so der Trend. Die kleinste High-End-Anlage der Welt kommt aus Korea und zeigt eindrucksvoll, wie viel Klang unter Zuhilfenahme moderner Technik in die Hosentasche passt.
Peripherie:
Kopfhörer: PSB M4U2, German Maestro GMP 400
Es ist schon komisch, dass bis heute der nun fast 12 Jahre alte iPod Classic scheinbar als der zu bevorzugende Musikplayer für unterwegs betrachtet wird. Der hat ordentlich Kapazität, klingt halbwegs vernünftig und unterstützt Lossless-Formate, wenn auch nur bis maximal 48 kHz in 16 Bit. Ich bin ganz sicher, dass es viele Highender gibt, die tagtäglich mit dem Zug auf Arbeit fahren und sich nach einer ihren hohen Ansprüchen gerechten Beschallung sehnen.
Wenn ich mir vorstelle, wie viele Stunden ich damit verbracht habe, meinen iPod so highendig wie möglich zu befüllen (alles AIFF, 96-kHz-Dateien mühsam auf 48 kHz heruntergerechnet), dann wird mir auch klar, dass es da noch etwas Besseres geben muss. Etwas, das die heute gängigen Dateiformate unterstützt, mit Highres-Dateien umgehen kann und überhaupt klanglich auf einem anderen Level spielt als Apples Klassiker. Das koreanische Unternehmen iRiver hat nun schon immer sehr feine portable Musikabspieler herausgebracht, wenn ihnen auch zumindest in Deutschland ungerechtfertigter Weise die Beachtung ein wenig gefehlt hat. Trotzdem, es gibt da so etwas wie eine Fangemeinde, die auf die Produkte aus Seoul schwört. Gerade klanglich sollen die schon seit jeher einwandfrei gewesen sein, außerdem funktionieren sie auch ohne „Knebelvertrag“ mit Programmen wie iTunes. Nun hat iRiver seine ganze Kompetenz geballt und einen portablen Musikmacher entwickelt, der das bisher unbeackerte Gebiet höchstwertiger mobiler Musikplayer erstürmen soll. Unter dem Namen Astell&Kern kam ein Produkt heraus, das auf dem Blatt Papier alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt. Die Daten lesen sich nett: bis 96 GB Kapazität, Unterstützung von FLAC bis 192 kHz, Erweiterbarkeit durch SD-Karten, feinste Bauteile, DAC-Funktion. Das ist eine Menge Holz, das uns da versprochen wird. Wenn man den kleinen AK100 genannten Player das erste Mal in der Hand hält, merkt man auch schon, dass ein Produkt weit abseits des Mainstreams entstanden ist, das einen ganz anderen Kundenkreis ansprechen soll als die jungen Leute, die bunte kleine Plastikdosen in der Jackentasche haben und ein paar MP3-Dateien dudeln lassen. Das hier sieht ernst aus. Man sieht viel schwarzes, gebürstetes Alu, ein klares, berührungsempfindliches Display und einen feinen Lautstärkedrehregler an der Seite. Sehr klare Linien ohne Schnickschnack prägen die Form, die Benutzeroberfläche auf dem Display hat ein dezentes, doch sehr modernes und gefälliges Design. Auch so etwas erwarte ich heutzutage von einem digitalen Zuspieler. Zwei Slots für Micro-SD-Karten befinden sich an der Unterseite, wobei pro Slot Karten mit bis zu 32 Gigabyte unterstützt werden. Mit den internen 32 Gigabyte kann man den AK100 also auf 96 GB ausbauen, was für eine größere Highres-Sammlung in FLAC schon reicht. Außerdem kosten diese kleinen Micro-SD-Kärtchen ja nur wenig Geld, so dass man sich ja noch ein, zwei mit Musik gefüllte Chips in die Tasche stecken kann. Um das Format der Musik muss man sich jedenfalls nur wenige Gedanken machen, den der Koreaner spielt eigentlich alles, was Musikfreunde an Formaten auf ihren Festplatten haben. Seit Firmware-Version 1.32 unterstützt er auch die ganzen Apple-Formate und spielt nun AAC, Apple Lossless, AIFF, WAV, FLAC, WMA, MP3, OGG und APE. Und wenn es der Dateityp zulässt, dann arbeitet er bis 192 kHz in 24 Bit mit diesen Dateien zusammen. Er ist sogar so nett und gruppiert alle hochaufgelösten Dateien in einem Extra-Menüpunkt namens „Master Quality Sound“, damit man sie schneller finden kann. Ansonsten bietet er eine Menüstruktur, mit der man sich sofort zurechtfindet und die eigentlich keiner Erklärung bedarf. Er ordnet alle Musikstücke sauber nach Album, Interpret oder Genre und ermöglicht es so, mit nur wenigen „Klicks“ zum gewünschten Musikstück zu finden. Das geht wirklich kinderleicht und stellt niemanden vor Probleme. Zwei Zusatzfeatures bringt er noch mit, die ich sehr praktisch fi nde. Zum einen kann man Bluetooth aktivieren und so ganz einfach im Auto (viele Autoradios unterstützen ja A2DP-Audiostreaming) oder zu Hause Musik durch die Luft in die Anlage schicken, außerdem kann man ja über dieses Drahtlosprotokoll auch entsprechende kabellose Kopfhörer verbinden. Die zweite Option hat in großem Maß etwas mit dem Selbstvertrauen der Entwickler zu tun: Dieser kleine Zeitgenosse ist als D/A-Wandler einsetzbar. Computer, CD-Player oder andere digitale Zuspieler kann man mit einem optischen Kabel einstöpseln und dem AK100 die Wandlung der digitalen Daten in analoge Signale überlassen. Das beflügelt so manchen Zuspieler klanglich auf jeden Fall, denn eine Kernkomponente des AK100, der Wolfson WM8740, ist ein anerkanntermaßen hochwertiger und klanglich absolut unumstrittener DAC-Chip, der sonst in vielen stationären HiFi-Geräten der gehobenen Preisklasse zum Einsatz kommt. So ist es im ersten Moment zwar irgendwie gewöhnungsbedürftig, einen so kleinen Mini-Player zu Hause als D/A-Wandler einzusetzen, doch wenn man sich die technische Seite auf der Zunge zergehen lässt, ist das absolut sinnvoll. Außerdem finde ich die Idee charmant, ihn im Zug, wenn man am Laptop Musik hört oder ein Filmchen schaut, die Aufbereitung der Klänge zu überlassen, denn das kann er weitaus besser als die 3,5er-Klinken, die standardmäßig in so einem Notebook stecken. Wenden wir uns mal seiner Hauptaufgabe, dem Erzeugen highendiger Klänge unterwegs zu. Die Zugfahrt kann übrigens ruhig länger dauern, denn der verbaute Akku hält je nach Musikcodec bis 16 Stunden; wenn man viel Highres-Musik hört und viel am Display spielt, verkürzt sich das natürlich. Und was man während dieser 16 Stunden auf die Ohren bekommt, ist schon Wahnsinn. Da muss man jetzt gar nicht mit Worten wie „Für ein so kleines Gerät ...“ kommen, denn auch absolut betrachtet ist dieser kleine Koreaner ein echter Highender. Sein Auflösungsvermögen ist sagenhaft, die Bässe sind tief und kräftig, Stimmen arbeitet er plastisch heraus. Er verwöhnt förmlich mit seinen Klängen und kontrolliert auch problemlos die allermeisten Kopfhörer, denen man die Zusammenarbeit mit diesem extravaganten Teil gönnt. Ich beginne ernsthaft zu überlegen, ob ich die nächste Zeit besser mit dem Zug statt mit dem Auto ins Büro fahre ...
Fazit
Der AK100 besetzt mutterseelenallein das Segment der höchstwertigen portablen Musikabspieler. Mehr muss man zu ihm nicht sagen.