Einzeltest: Mundorf Elara
Mit größter Selbstverständlichkeit
Bei der „45“ im letzten Heft haben wir Lunte gerochen: Ein schöner alter Visaton-Bass plus AMT, das hat gut funktioniert. Ob sich das Konzept nicht nach oben skalieren lässt?
Klar lässt es sich. Mann muss halt nur die richtige Idee haben. Aus dem 17-Zentimeter-Bass der „45“ einen solchen mit 25 Zentimetern Durchmesser zu machen ist dabei der erheblich kleinere Teil des kreativen Prozesses, viel interessanter ist die Auswahl eines passenden Hochtöners. Und der grinst uns tatsächlich seit Jahren jeden Tag an: Bereits Anfang 2015 hatten wir einen sehr interessanten AMT aus Mundorfs Pro-Baureihe im Test, zu dem uns trotz unbestreitbarer Qualitäten nie das richtige Projekt eingefallen ist – bis jetzt. Letztlich den Ausschlag dafür, einen verhältnismäßig günstigen Visaton-Bass mit dem ziemlich exklusiven Hochtöner aus Köln zu kombinieren, gab ein sehr simpler Umstand: Der Zehn-Zoll-Korb aus Haan passt exakt in die Aussparung am Rand des Montagefl ansches des AMT.
Nehmen wir das als Zeichen dafür, dass diese beiden miteinander wollen. Nachdem wir die „45“ einfach nach ihrem Nettovolumen in Litern benannt haben, wäre Ähnliches hier natürlich naheliegend und angenehm einfach gewesen – eine schlichte „90“ ist uns aber ein bisschen zu trivial. Also bedienen wir uns in guter alter Lautsprechertradition aus der langen Liste der Jupitermonde und taufen unsere neueste Kreation nach einem 86 Kilometer durchmessenden Trabanten des Gasriesen „Elara“.Treiber
Beim Bass war die Sache verhältnismäßig einfach: Der W 250 S in der Vier-Ohm-Variante ist das Mittel der Wahl. Der jahrzehntealte Klassiker aus Haan hat genau das, was einen „richtigen“ Tieftöner auszeichnet und wie es ihn in der heutigen Zeit immer weniger gibt: nämlich einen Parametersatz, der richtig tiefe Töne erlaubt, wenn man dem Treiber ein wenig Luft zum Atmen gibt. Die Gesamtgüte liegt mit 0,35 genau im Zentrum optimaler Bassreflextauglichkeit, die Freiluftresonanz mit 33 Hertz schön niedrig. Dafür braucht‘s eine nicht zu harte Membraneinspannung, was ein relativ großes Äquivalentvolumen von 135 Litern ergibt. Die konstruktiven Zutaten zu diesem Rezept könnten klassischer nicht sein: eine beschichtete Papiermembran wird von einer weichen Gummisicke geführt, die Schwingspule hat moderate 38 Millimeter Durchmesser und erlaubt maximal sieben Millimeter Hub in jede Richtung. Das Ganze steckt in einem Stahlblechkorb und ist am Markt für irgendetwas zwischen 50 und 70 Euro zu bekommen. Nach wie vor ein schwer zu schlagendes Angebot. Der Mundorf-AMT ist mit jenseits von 400 Euro deutlich teurer, ist aber auch ein für ernsthafte Beschallungsanwendungen konzipierter Profi . Er trägt die ziemlich unhandliche Bezeichnung 88PP27R-8-462-H und kommt in Verbindung mit dem Horn CDH88-27-100x60. Ja, das meinen die ernst. Mundorf vermarktet diese Bauform als Punktschallquelle und das völlig zu Recht: Der Treiber selbst ist auffällig klein (der Hersteller nennt ihn Zweizöller) und verdankt seine erstaunlichen Qualitäten der Kombination mit besagtem 100 x 60-Grad-Horn. Der locker 97 Dezibel laute Hochtöner kann, wenn man keine brachialen PA-Pegel fahren muss, bereits ab 1500 Hertz eingesetzt werden und eignet sich damit perfekt für eine Zweiwegekombination mit einem etwas größeren Tieftöner.
Gehäuse
Wir wollten im Thema bleiben und wählen wiederum eine nicht zu schmale Bauform mit 32 Zentimetern Breite. Wir spendieren dem Tieftöner 90 Liter Volumen. Das ist im oberen Bereich des für den W 250 S 4 Ohm sinnvollen Rahmen, damit kommt er schön tief in den Frequenzkeller. Für die optische Leichtigkeit sorgt, wie schon bei der „45“, die Neigung des Gehäuses um fünf Grad nach hinten. Abermals bauen wir das Ganze aus 18 Millimeter starkem Kistensperrholz. Sie dürfen gerne das zweifellos stabilere Birkenmultiplex nehmen, 19er-MDF tut‘s natürlich auch. Wie üblich versteifen wir alle Gehäusewände mit diagonal verleimten hochkant angeordneten Abschnitten aus gewöhnlicher ungehobelter Dachlatte. In der Zeichnung ist davon aus Gründen der Übersichtlichkeit nichts zu sehen, aber das schaffen Sie auch so, zumal es hier nicht auf den letzten Millimeter ankommt. Ob wir der meterhohen Box noch einen Fuß aus Stahlrohr à la 45 spendieren, haben wir noch nicht entschieden. Von der Standfestigkeit her ist‘s nicht erforderlich, optisch mag‘s eine gute Idee sein.
Frequenzweiche
Die Filterung der beiden Treiber brachte keine größeren Schwierigkeiten mit sich, der eine oder andere korrigierende Eingriff war aber erforderlich. So sieht die Addition der beiden Einzelzweige aus: Wie man sieht, haben wir bei rund 1700 Hertz getrennt, nutzen die Möglichkeiten des erstaunlichen AMTs in dieser Hinsicht als voll aus. Der Tieftöner wird mit einem Filter zweiter Ordnung (L1, C1) eingekoppelt. Zunächst spendierten wir ihm eine Impedanzlinearisierung (R2, C3), um die die Filterung effektiver gestalten zu können. Die Linearisierung schafft hier lehrbuchmäßige Verhältnisse: Dem Tiefpass zweiter Ordnung halfen wir mit einem Parallelglied zur Spule (R1 und C2) ein wenig auf die Sprünge. Messtechnisch sieht das so aus: Die graue Kurve zeigt den unbeschalteten Tieftöner, die grüne die Filterung nur mit L1 und C1. Türkis: mit C2, blau: mit C2 und R1. Das Parallelglied reduziert die Resonanz auf der fallenden Filterflanke sehr effektiv, wie man sieht. Das Hochtonfilter ist ein Hochpass zweiter Ordnung (C4, L2), ein Vorwiderstand (R3) besorgt die erforderliche Pegelanpassung, der Sperrkreis (R4, C5, L3) sorgt für zusätzliche Abschwächung im Bereich bis 10 Kilohertz. Folgende Messungen verdeutlichen die Verhältnisse: Pink: der unbeschaltete Treiber, hellrot: die Wirkung des Vorwiderstandes, grün: die Filterung ohne Sperrkreis und nur mit C4. Orange: kein Sperrkreis, Filterung mit C4 und L2, rot: komplettes Filter mit Sperrkreis.
Messungen
Insgesamt ist die Elara ein sehr ausgewogener Lautsprecher geworden. Der Bass klettert bis deutlich unter die 40-Hertz-Marke, der Amplitudenverlauf ist sehr ausgeglichen. Man beachte das exzellente Rundstrahlverhalten insbesondere im Hochtonbereich, der kleine AMT im Horn leistet wirklich Außergewöhnliches. Wirkungsgrad haben wir auch: 90 Dezibel sind ein Wort für so eine Konstruktion. Trotz Vier-Ohm-Tieftöner würde ich die Elara eher als Acht-Ohm-Box bezeichnen. Bis auf eine kleine k3- Spitze bei einem Kilohertz ist das Verzerrungsverhalten ausgezeichnet, auch hier leistet der Hochtöner Außergewöhnliches. Der Eindruck setzt sich im Wasserfalldiagramm fort: Alles gut, der Bass zeigt ein paar kleinere Nachschwinger im Mitteltonbereich.
Klang
Jau, das ist ein großer Lautsprecher, das merkt man sofort. Die Elara hat keinerlei Mühe, unseren großen Hörraum mit allen Arten von Musik zu füllen und den Zuhörer mit einem sehr gediegenen, feinen Klangbild zu versorgen. Auch wenn der AMT nicht extrem zurückhaltend (soll heißen: im Frequenzgang fallend) abgestimmt ist, klingt er extrem natürlich, fein auflösend und klar. Ich höre hier mehr Horn als AMT und das gefällt mir sehr gut. Weibliche Gesangsstimmen haben Energie und Leben, wirken aber nicht übertrieben oder gar artifiziell. Der schön warme und voluminöse Tieftonbereich ergänzt das Spektrum nach unten hin perfekt. Für eine Zweiwegebox wirkt die Darbietung extrem breitbandig und edel. Sind wir zufrieden? Aber so was von!
Aufbauanleitung
Trotz Neigung wird die Box wie ein ganz normaler Quader aufgebaut. Man beginnt mit dem Verleimen einer Seitenwand, der Rückwand und des Bodens, es folgen der Deckel und die zweite Seitenwand. Beachten Sie bitte die Hinweise zur Versteifung des im Kapitel „Gehäuse“. Mit der Front wird das Ganze letztlich verschlossen. Beide Treiber werden nicht eingefräst. Die Bedämpfung erfolgt mit einer halben Matte Noppenschaum hinter dem Tieftöner und einer Matte Sonofil, die U-Förmig an Seiten- und Rückwänden oberhalb des Tieftöners angebracht wird. Im unteren Teil der Box werden zwei Matten an allen Wänden verteilt. Das Reflexrohr ist ein HP70/220 von Intertechnik in voller Länge.
Holzliste
Material: 18-mm-Nadelsperrholz
2 x 1002 x 320 mm Schall-/Rückwand
2 x 1029 x 333 mm Seiten
2 x 284 x 333 mm Boden / Deckel
Material: Dachlatte ungehobelt
ca. 4 laufende Meter
Zubehör pro Box
• Terminals nach Wunsch
• Schrauben
• LS Kabel
• ½ Matte Noppenschaum
• 3 Matten Sonofi l
• 1 x Bassrefl exrohr HP70/220
Weichenbestückung
L1: Luftspule 1,4 mm 1 mH
L2: Luftspule 0,7 mm 0,39 mH
L3: Luftspule 0,7 mm 0,22 mH
C1: MKT 14 µF
C2: MKP 2,7 µF
C3: Elko glatt 22 µF
C4: MKT 10 µF
C5: MKT 4,7 µF
R1: MOX 10 W 3,3 Ohm
R2: MOX 10 W 6,8 Ohm
R3: MOX 10 W 5,6 Ohm
R4: MOX 10 W 5,6 Ohm
Kategorie: Lautsprecherbausätze
Produkt: Mundorf Elara
Preis: um 378 Euro
262-2327
hifisound Lautsprechervertrieb |
K+T-Projekt „Elara“ - Technische Daten | |
Chassishersteller: | Visaton, Mundorf |
Vertrieb: | Visaton, Mundorf |
Konstruktion: | Holger Barske, Thomas Schmidt |
Funktionsprinzip: | zwei Wege, Bassrefl ex |
Nennimpedanz: | 8 Ohm |
Bestückung: | 1 x Visaton W 250 S 4 Ohm / 1 x Mundorf 88PP27R-8-462-H |
Kennschalldruck (2,83 V/1 m): | 90 Dezibel |
B x H x T: | 320/1000/366 |
Kosten pro Box: | ca. 650 Euro plus Gehäuse |
Mundorf 88PP27R-8-462-H - Technische Daten | |
Hersteller: | Mundorf |
Bezugsquelle: | Mundorf, Köln |
Unverb. Stückpreis: | 378 Euro |
Chassisparameter K+T-Messung | |
Z: | 6 Ohm |
Fs: | 0 |
Re: | 5,15 Ohm |
Rms: | 0 |
Qms: | 0 |
Qes: | Nein |
Qts: | Nein |
Cms: | 0 |
Mms: | 0 |
BxL: | Nein |
Vas: | 0 |
Le: | 0,0157 mH |
Sd: | 0 |
Ausstattung | |
Horn | Kunststoff |
Membran | Folie |
Dustcap | Nein |
Sicke | Nein |
Schwingspule | Nein |
Xmax absolut | Nein |
Magnetsystem | Neodym |
Polkernbohrung | Nein |
Besonderheiten: | Horngeladener AMT |
Außenabmessungen: | 205 x 134 mm |
Einbaumaß: | 189 x 114 mm |
Einbautiefe: | 130 mm |