High-End Kopfhörer Sennheiser HD660S2

Im englischen Sprachgebrauch gibt es den sogenannten „MVP“, den „Most Valuable Player“. Das ist der wertvollste Mitspieler einer Mannschaft über eine ganze Saison betrachtet. Genau diese Position nimmt der Sennheiser HD660S2 ein.

Lange Historie

 
Sennheiser gehört auch nach mehr als 100 Jahren Firmengeschichte zu den renommiertesten und erfolgreichsten deutschen Firmen im Audiobusiness. Dabei spielt es praktisch keine Rolle, ob man sich den Profi - oder den Endkundenmarkt anschaut. Seit 2013 leiten Daniel und Dr. Andreas Sennheiser das unabhängige Familienunternehmen in der dritten Generation. Die höchst erfolgreiche HD-Serie nahm 1993, also vor genau 30 Jahren, mit dem Ur-Modell HD-580 ihren Anfang und definierte sofort einen Standard für leichte, offene, dynamische Kopfhörer. Ich habe seit vielen Jahren einen HD-650, der mir als ich ihn gekauft habe, besser als der teurere HD-600 gefallen hat.

Da der Ur-HD-660 der Nachfolger des HD-650 war, war ich natürlich gespannt, wie sich der neuen HD-660 S2 im Vergleich dazu macht.   

Impedanzen

 
Über die Jahre gab es eine interessante Kreisbewegung bezüglich der Impedanzen speziell dieser Modelle. Hatte der HD650 noch 300 Ohm, ging man beim HD- 660 auf 150 Ohm hinunter. Die halbierte Im-pedanz war eindeutig der Versuch, sich an mobile Abspielgeräte oder gar Smartphones anzudocken. Ich denke, der Versuch ist beendet und das aus gutem Grund. Warum? Nun, die Generation Smartphone wird sich dafür sowieso keinen Kopfhörer für knapp 600 Euro kaufen, zumal die 150 Ohm eigentlich immer noch zu hoch sind. Für eine gesunde Lautstärke und Dynamik bei der Wiedergabe von Laptops oder mobilen Endgeräten sollte ein Kopfhörer sinnvollerweise eine Impedanz von unter 100 Ohm haben. Man könnte natürlich auch einen zusätzlichen Verstärker einzuschleifen, was die ganze Sache zwar audiophil aber auch aufwändiger und umständlicher macht. Aus diesen Gründen ist man beim HD660S2 wieder zurück zu den ursprünglichen 300 Ohm des HD-650 zurück gegangen.   

Faktencheck

Im Vergleich zu seinem Vorgänger ist der Preis des HD660S2 um 100 Euro nach oben gegangen, sein Gewicht ist mit 260 Gramm zum Glück gleich geblieben. Nimmt man ihn aus seiner soliden Klappbox, wirkt er im Vergleich zu den heutzutage üblichen Dickmann-Hörern recht filigran. In punkto Langzeit-Tragekomfort bedeutet dies allerdings einen Vorteil, wiegt doch der HD 660 S mit 260 Gramm gerade mal halb so viel wie einige seiner Konkurrenten. Die Mechanik ist robust, die Stecker sitzen perfekt. Die Kabel sind mit 1.8m kürzer als beim Vorgänger, was ich aber vom Handling her sinnvoll finde. Zusätzlich zum Standardkabel mit 6.3mm Klinkenanschluss bekommt man ein zweites, symmetrisches mit 4.4mm Klinke. Außerdem liegt noch ein kurzes Adapterkabel von 6.3mm auf 3.5mm bei.   

Technik

 
Ein offener Kopfhörer hat eine definiert durchlässige Verbindung von der Innenseite der Muschel nach außen. Die Außenseite ist offen, die Wandler werden durch ein Lochgitter geschützt.

Das proprietäre, belüftete Magnetsystem sorgt für geringst mögliche Verzerrungen. Die Berechnung des Volumens und die Steuerung der Luftströme durch die Wandler wurde optimiert, wodurch der HD660S2 eine Resonanzfrequenz von nur 70 Hz erreicht. Die besonders leichte Aluschwingspule wurde überarbeitet und hat nun, wie bereits erwähnt, eine Impedanz von 300 Ohm wie beim HD 600 und HD 650. Die Magnetstärke wurde entsprechend erhöht und die Impulskontrolle optimiert. Das hört man gerade bei sehr dynamischer Musik deutlich. Die dynamischen Wandler sind mit 38mm etwas kleiner als beim Vorgänger ausgefallen, dort maßen sie 44mm.  

Komfort und Sitz

Der Kopfbügel ist sehr angenehm gepolstert und hat im oberen Bereich eine Aussparung, die auf angenehme Weise den Druck reduziert und für ein angenehmes Tragegefühl sorgt. Die ovale Form des Sennheiser sorgt für einen guten, aber auch speziellen Sitz, anders als bei runden Muscheln. Aber natürlich probiert man so eine Investition gründlich aus, denn das Tragegefühl ist eine ausgesprochen individuelle und subjektive Angelegenheit. Die Bügel lassen sich gut verstellen und rutschen auch nicht ungewollt weiter.   

Klangqualität

 
Der vielleicht größte Unterschied zum Vorgängermodell ist die Verdopplung des Schalldrucks im Tiefton und im subsonischen Bereich. Das Geniale daran ist aber, dass es den Sennheiser Ingenieuren tatsächlich gelungen ist, Natürlichkeit und Präzision im Mittel- und Hochtonbereich zu erhalten. Man kennt das ja von Subwoofern, die sind sie gut eingebunden, Mittel- und Hochton entlasten. Genau so ist das hier. Was für wundervolle Leichtigkeit sich mit Terry Calliers Meisterwerk „Timepeace“ einstellt. Wie seine so besondere Stimme in meinem Kopf ist, wie ich praktisch zu Callier werde, das ist schon phänomenal. Dabei legt der HD660S2 eine fast schon elektrostatenhafte Qualität an den Tag. So transparent klingen wenige Kopfhörer, schon gar nicht in dieser Preisklasse. Glenn Gould zweite große Einspielung der Goldberg Variationen erreicht eine geradezu überirdische Klarheit und lässt mich dieser meditativen Traummusik nahezu atemlos folgen. Er kann es aber auch krachen lassen und das Delvon Lamar Trio mit einer Tiefe, einer Dynamik und eine Bassausdehnung wiedergeben, bei der mein HD650 die Segel streichen muss.

Fazit

Auf dem wahrlich nicht kleinen Kopfhörermarkt nimmt Sennheiser mit seiner HD-Serie seit 30 Jahren eine Sonderstellung ein. Der HD660S2 führt diese Tradition auf beeindruckende Weise fort.