Dem aufmerksamen Leser ist es nicht entgangen: Mit dem Thema Zubehör gehen wir im LP-Magazin sehr vorsichtig um – zu groß ist die Gefahr, sich auf das Glatteis des Voodoo zu begeben. Wenn es aber mal etwas wirklich Außergewöhnliches zu bestaunen gibt, dessen Wirkung sich auch noch durch Messtechnik zweifelsfrei belegen lässt, dann legen wir unsere Scheu gerne ab
Mitspieler
Plattenspieler:
VPI Classic 3
Rega RP1
The Funk Firm Vector III
Rui Borges Uno
Phonoverstärker:
Trichord Dino MKII
Quad 24P Phono
MalValve Preamp Three Phono
PS Audio GCPH modifiziert
Verstärker:
Malvalve Preamp Three Line und Power Amp Three
SAC Preamp + Igel
Lautsprecher:
Sonics Allegria
K+T Big Bang
Zubehör:
Racks von Tabula Rasa und Copulare
Netzkabel von HMS und PS Audio
Phonokabel von Nordost und Furutech
NF-Kabel von van den Hul
Die Geschichte des Silencers ist schon eine recht lange – für uns in Deutschland hat sie sich aber weitgehend im Verborgenen abgespielt. Kein Wunder: Obwohl die Firma Accurion im schönen Göttingen beheimatet ist, orientiert man sich schon immer international – in Sachen aktive Bedämpfung ist man technologisch führend.
Außerdem – man ahnt, was jetzt kommt – ist die sogenannte Halcyon- Technologie natürlich ursprünglich nicht für HiFi-Geräte entwickelt worden: Der Silencer ist sozusagen eine zweckentfremdete Abwandlung einer Technik, die hochaufgelösten Messwerkzeugen wie Mikroskopen und anderen erschütterungsempfindlichen Aufbauten einen absolut ruhigen Untergrund verschafft. Aber solche Ableitungen sind ja seit der Teflonpfanne sehr verkaufsfördernd; in der Zubehörbranche stammt ja ohnehin jedes zweite Produkt „aus der Weltraumforschung“ – für mich eines der HiFi-Unworte überhaupt. Angenehm ruhig lässt es da die Mannschaft von Accurion angehen, die sich nach einem undramatischen und weitgehend folgenlos gebliebenen Versuch auf dem amerikanischen HiFi-Markt vor ein paar Jahren nun erneut aufstellen, um die HiFi-Szene zu revolutionieren. Letzteres meine ich nicht mal spöttisch – der Silencer macht nämlich ein paar Dinge, die ich so noch nicht gehört habe. Um die Dinge in das rechte Licht zu rücken: Das Accurion-Gerät hat seinen Preis. Einen hohen Preis. Es sind 12.000 Euro – für eine einzige „Unterstellbasis“! Damit ist der Silencer naürlich außerhalb jeder Reichweite des Normalverbrauchers, außerhalb meiner finanziellen Reichweite und auch der deutsche Vertrieb Thixar kann bei einem solchen Volumen der LP-Redaktion nicht einfach ein Leihexemplar überlassen – leider, leider... Sieht man sich aber in der glücklichen Lage, eine in der Preisklasse passende Anlage zu besitzen, so kann der Silencer tatsächlich den dramatischsten Fortschritt bringen, den man fast schon nicht mehr für möglich gehalten hat. Wie funktioniert´s? Analog, das ist schon mal das Wichtigste. Und zwar nicht aus dogmatischen Gründen, sondern aus technischen: Der eingebaute analoge Regelkreis des Silencers zeigt eine Reaktionsschnelligkeit, die jeder prozessorgesteuerten Regelung weit voraus ist. Das Signal der hoch empfindlichen Beschleunigungssensoren an der Stellfläche wird einfach verstärkt und dann – vereinfacht gesagt – verpolt an die aktiven Dämpfer weitergegeben, die dann (fast) in Echtzeit korrigieren. Das Ganze funktioniert in allen drei Raumebenen. Die Dämpfer selbst funktionieren genauso wie ein Lautsprecherchassis – es gibt einen Permanentmagneten und eine in dessen Magnetfeld laufende Schwingspule, die mit der Stellfläche verbunden ist. Über eine geschickte Anordnung kontrollieren acht der Dämpfer alle drei Raumdimensionen gleichermaßen. Im Auslieferungszustand ist der Silencer arretiert – durch seine gewaltige Masse von immerhin 32 Kilogramm übrigens schon deaktiviert eine hervorragende Unterstellbasis für Plattenspieler. Über vier Exzenterschrauben an den Seitenwänden wird die schwimmende Lagerung der Stellplatte eingestellt – vier kräftige Stahlfedern tragen die bis zu 90 erlaubten Kilo Gerätemasse. Übrigens ist es keine gute Idee, den Silencer auf die schwimmende Lagerung einzustellen und dann nicht einzuschalten – unsere Messungen zeigten hier eine deutliche Verschlechterung gegenüber der starren Basis. Hat man über die Exzenter einen waagerechten Stand des Silencers eingestellt, kann man ihn über einen Taster an der Front einstellen. LED-Reihen informieren den Benutzer über das Ausmaß der Aktivitäten der vier aktiven Schwingungsdämpfer. Man sollte sich übrigens keine Gedanken machen, wenn außer den beiden Betriebslämpchen gar nichts blinkt – bei einer normalen Aufstellung auf einem HiFi-Rack, keiner allzu lauten und bassstarken Musik und keinem lauten Fußgetrampel in der Nähe wird keine der Betriebslampen aufleuchten. Zu subtil sind die Korrekturen, die dann fällig sind – Leuchtsignale gibt es erst, wenn die Dämpfer richtig arbeiten müssen. Im Messlabor haben wir einmal bewusst ungünstige Bedingungen hergestellt: Der Silencer wurde einfach auf einem normalen Beistelltisch gestellt, der seinerseits auf einem schwimmend verlegten Boden stand. Einen Meter daneben wurde eine Standbox gestellt, die den 10 Kilo schweren Plattenspieler auf dem Silencer direkt anstrahlte – eine schlimmere Situation kann man sich für einen Plattenspieler fast nicht mehr vorstellen, außer dem Betrieb in einem fahrenden Auto oder Segelboot. Die geschlossene Haube des Spielers verhinderte, dass der Luftschall einen allzu großen direkten Einfluss auf Tonarm und -abnehmer hatte. Ein hochaufgelöstes MLS-Signal wurde dann mit einem Pegel von 95 dB(1 m) auf die Lautsprecher gegeben – so laut hört im Dauerbetrieb kaum jemand zu Hause. Über eine Phonostufe (ohne Subsonic-Filter!) wurde dann das über den bei stehendem Plattenteller aufgelegten Tonabnehmer erzeugte Signal an den Eingang unseres Messsystems angeschlossen: Voilà, ein Rumpelmesssystem. Die einzelnen Messungen werden im Folgenden noch erläutert, daher nur so viel: In einem weiten Bereich von 0,5 bis 100 Hertz reduziert der Silencer Vibrationen im Schnitt um fast 10 Dezibel, bei Trittschall sogar noch weitaus deutlicher. Gerade in dem Bereich, in dem die Arm-System-Resonanz liegt, ist die Wirkung mehr als deutlich. Der riesige Vorteil des aktiven Systems gegenüber passiven Absorbern, die immer eine tieffrequente Resonanz besitzen, ist die gleichmäßige Wirkung über den gesamten Frequenzbereich. Bei schwereren Plattenspielern mit eigenem bedämpften Unterbau ist die Wirkung nicht mehr ganz so ausgeprägt, aber immer noch deutlich genug. Im Hörbetrieb stellt sich die Wirkungsweise des Silencers erst subtil, dann aber gewaltig ein. Tonal ändert sich erst einmal nichts. Erst im Laufe einer Plattenseite hat man das Gefühl, dass etwas fehlt, dann bekommt man mehr und mehr die Gewissheit, dass fehlt, was nie hineingehört hat. Die ganzen „Verunreinigungen“, die sich unmerklich in die Wiedergabe einschleichen und vom Hörer als Bestandteil der Musik interpretiert werden, sind weg. Die musikalische Information (also die, die tatsächlich auf dem Tonträger vorhanden ist) wird wesentlich sauberer und präziser übertragen – damit einher geht eine merklich gesteigerte Ruhe, akustisch wie emotional. Sie haben richtig gelesen: Ich bin auch nach langen Hörsessions fest der Meinung, dass der Silencer die Wiedergabe von einer gewissen Nervosität befreien kann – der Musikgenuss ist wirklich ein solcher, die Langzeitqualität enorm. Außerdem habe ich das Gefühl der Erholung beim Musikhören kaum jemals so stark empfunden wie mit dem Accurion. Am meisten konnten natürlich die leichteren unter den Laufwerken profitieren, während die Änderung bei den Schwergewichten nicht so dramatisch ausfallen – immer hörbar sind sie dennoch. Selbst große Kaliber wie der vorzügliche VPI Classic 3 oder der Rui Borges aus der letzten Ausgabe gewinnen noch mal an Stabilität, Präzision im Bass. Durch den reduzierten Nebengeräuschpegel steigt auch der nutzbare Dynamikbereich – die Wiedergabe wird trotz der Aufgeräumtheit zupackender, direkter. Zu guter Letzt profitiert auch die Räumlichkeit, da die leisen Hallsignale nicht mehr untergehen, sondern sauber herausgearbeitet werden – die Abbildungsschärfe und -dimension wird klarer. Bei allem Lob gibt es auch etwas Negatives zu berichten – der Silencer sorgt gnadenlos dafür, dass verkratzte oder schlecht gereinigte Platten deutlich mehr stören als üblicherweise – ebenso wie nicht penibel genau eingestellte Tonabnehmer. Wenn aber das Material stimmt, bekommt man keine sauberere analoge Wiedergabe – außer, der Plattenspieler steht mindestens ein Haus weiter.
Fazit
Nicht viele Leute werden sich den Silencer leisten können – schade, ist er doch in Sachen Laufwerksbasis momentan mit weitem Abstand das Maß der Dinge.