Kategorie: Vor-Endstufenkombis Hifi

Systemtest: Lindemann 830S, Lindemann 858


Vor-Endstufenkombis Hifi Lindemann 830S, Lindemann 858 im Test , Bild 1
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Eigentlich bitte ich Hersteller und Vertriebe ziemlich selten darum, Geräte noch ein bisschen über den Testzeitraum hinaus behalten zu dürfen. Der fantastische Lindemann-Vollverstärker 885 war so ein Fall, weshalb mich die Vor-/Endkombi aus gleichem Haus eigentlich relativ kalt ließ. Anfänglich.

Mitspieler

Plattenspieler:

TW Acustic Raven GT
Raven 10.5
Lyra Atlas


Phonovorstufen:

MalValve preamp three phono


Lautsprecher:

Audio Physic Avantera
Klang + Ton „Nada“


Zubehör:

Netzsynthesizer PS Audio P10
NF-Kabel von van den Hul und Transparent
Phonokabel van den Hul
Lautsprecherkabel von Transparent
Plattenwaschmaschine von Clearaudio


Gegenspieler

Vorverstärker:

MalValve preamp four line


Endverstärker:

SymAsym


„Ja, Frau Junker, machen Sie mal. So Ende Juli, Anfang August, da wär mir die Zusendung der beiden Geräte recht. Vorher? Nö, muss nicht, ich hab ja noch den Vollverstärker. Besser? Kann ich mir kaum vorstellen, aber ich lass mich überraschen.“ So ähnlich lief das Telefonat mit Elisabeth Junker, Geschäftsführerin bei Lindemann Audio. Auch wenn ich seinerzeit schon prophezeit hatte, dass es nicht allzu lange dauern würde, bis Norbert Lindemanns neues Schaltungsdesign den damals aktuellen Endverstärkern eine Ablösung bescheren würde – machte mich nicht nervös.

Vor-Endstufenkombis Hifi Lindemann 830S, Lindemann 858 im Test , Bild 2Vor-Endstufenkombis Hifi Lindemann 830S, Lindemann 858 im Test , Bild 3Vor-Endstufenkombis Hifi Lindemann 830S, Lindemann 858 im Test , Bild 4Vor-Endstufenkombis Hifi Lindemann 830S, Lindemann 858 im Test , Bild 5Vor-Endstufenkombis Hifi Lindemann 830S, Lindemann 858 im Test , Bild 6Vor-Endstufenkombis Hifi Lindemann 830S, Lindemann 858 im Test , Bild 7
Der 885 dreht seit dem Test in LP 2/2012 seine Runden in meiner heimischen Anlage, und er erstaunt mich immer noch: So flüssig, geschmeidig und detailliert habe ich noch keinen Vollverstärker erlebt. Ein Zustand, mit dem ich prima leben kann, und nein, ich brauche keine Vor-/End-Kombi. Eigentlich. Okay. Schieben wir mal alle Pseudo-Vorbehalte beiseite und schauen, was der Logistik-Dienstleister da abgeladen hat: ein schweres und ein immens schweres Paket. Ersteres kostet 6.500, das andere 9.500 Euro. In Summe rund doppelt so teuer wie der Integrierte – das war zu befürchten. Beide Geräte sind sofort als Mitglieder von Lindemanns Prestige-Baureihe „800“ zu identifizieren: Die elegant geschwungene silberne Front mit dem schwarzen Mittelteil, runde zentral angeordnete Taster – so macht man das in Krailing. Der Vorverstärker sieht so aus wie ein in der Höhe halbierter 885. Links ein Drehknopf für die Eingangswahl, rechts einer für die Lautstärke, eine ganz klassische Anordnung. Sechs Taster für alles Mögliche beim Vorverstärker, nur einer davon bei der Endstufe – die muss man auch nur ein- und ausschalten. Der 830S ist ein Prachtexemplar von Vorverstärker. Natürlich huldigt er dem Prinzip der Vollsymmetrie. Will sagen: Alles, was man an Signalen vorne hineinschickt, wird symmetrisch weiterverarbeitet. Kommt die Kost über einen der drei Cinch-Eingänge, dann wird eben symmetriert. Bei den drei XLR-Eingängen braucht’s das natürlich nicht. Ausgangsseitig gibt’s zwei symmetrische Hauptausgänge, lediglich Monitor- und Record-Ausgang dürfen mit Cinch-Verbindern angeschlossen werden. Die beiden XLR-Outputs verfügen über Möglichkeiten, die es mir unverständlicherweise sonst so ziemlich nirgends gibt: Jeder wird von einer eigenen Ausgangsstufe angesteuert und deshalb können beide unterschiedliche Pegel liefern: Per Menü lässt sich die Pegeldifferenz zwischen beiden einstellen – immens praktisch, wenn man zum Beispiel Bi-Amping mit zwei verschiedenen Endstufen realisieren oder einen Zweig im Pegel anpassen will. Aufwendig, aber nachahmenswert. Im Inneren des Gerätes geht es sehr aufgeräumt zu. Da Norbert Lindemann beim seinem großen Vorverstärker in erster Linie auf integrierte Bausteine setzt und das auch noch in SMD-Bauweise, gab es nichts, womit man das Gerät hätte vollstopfen sollen oder können. Also nutzt man den bestehenden Platz doch am besten dazu, um möglichst viel Luft zwischen Signalverarbeitung und Netzteil zu bekommen. Die Signalplatine geht über die gesamte Gehäusebreite und nimmt etwa ein Drittel der zur Verfügung stehenden Fläche ein. Alle Buchsen auf der Rückwand sind direkt mit der Platine verbunden, das spart Signalweg. Geschaltet wird direkt vor Ort mit einer Vielzahl von besonders kapazitätsarmen Miniaturrelais. Kapazitätsarm ist wichtig, kapazitätsarm sorgt für Bandbreite, einem von Norbert Lindemanns wichtigsten Designkriterien: Schnell muss er sein, der Verstärker. Die Eingangsverstärkung und Symmetrierung im 830S besorgt ein denkbar unspektakuläres Stück „Fliegendreck“ mit acht winzigen Beinen. Nein, kein gewöhnlicher Operationsverstärker, sondern ein hochmoderner „Fully Differential Amplifier“, der zugleich einer zweiten von Lindemanns Maxime huldigt: der Stromgegenkopplung. Darauf folgt die Lautstärkeregelung mit zwei integrierten Spezialisten pro Kanal – ich vermute mal, dass jeder der Chips einen der beiden Ausgänge bedient – S erinnern sich, individuell einstellbare Pegel. Von den separaten Ausgangsstufen für jedes Buchsenpaar bleiben in der Praxis wenige Quadratzentimeter Platinenfläche für jeden Ausgang übrig. Abermals sind stromgegengekoppelte Spezialchips am Werk, und trotz ihrer Winzigkeit sorgen sie für ordentlich Power: Jeder Ausgang treibt ohne irgendwelche Einschränkungen bei der Perfomance Lasten bis hinunter zu 300 Ohm. Für optimale Arbeitsbedingungen der ganzen Winzlinge sorgen diverse Regler nach dem Serien-/Parallelprinzip. Das ist eine Kombination aus zwei grundlegenden Regelschaltungen, die in der Kombination erheblich bessere Eigenschaften hat als eine Teilschaltung alleine. Besondere Beachtung verdienen zudem die Platine und deren Layout. Das Board ist nämlich vierlagig ausgeführt, was erheblich kürzere Signalwege erlaubt. Lindemanns Bestreben nach maximaler Geschwindigkeit äußert sich auch darin, dass er keinen flächendeckenden „Masse-Layer“ einsetzt, sondern das Bezugspotenzial sorgfältig sternförmig verteilt. Die Aufzählung kleiner Tricks und Kniffe ließe sich noch eine Weile fortsetzen – ich erlöse Sie an dieser Stelle mit der Versicherung, dass hier massig Grips im aus der Anschauung definitiv nicht ersichtlichen Detail steckt. Bei der Endstufe 858 ist das kaum anders. Die zentralen Konstruktionsprinzipien sind wieder konsequenter Doppelmono- Aufbau, vollsymmetrische Signalverarbeitung, stomgegengekoppelte Verstärkerschaltungen für maximale Bandbreite. Im Prinzip handelt es sich um eine hochskalierte Version des Endverstärkers aus dem 885, nur mit ein paar Extras. Im 858 arbeiten pro Kanal 16 Endtransistoren, das sind doppelt so viele wie beim Vollverstärker. Auch geriet die Stromversorgung entsprechend potenter, die Belastbarkeit der gekapselten Ringkerntrafos stieg von 500 auf 800 VA pro Kanal. Je vier der 16 Transistoren sind zu einer H-Brücke verschaltet und die vier resultierenden Brücken arbeiten gemeinsam auf den Ausgang. So richtig parallelgeschaltet sind sie dennoch nicht, weil jedes Quartett aus einer eigenen aus Siebung und Gleichrichter bestehenden Versorgung gespeist wird. Auch diese Maßnahme reduziert parasitäre „Bremsen“ beim Stromtransport und macht die Schaltung schneller – nicht umsonst setzen die Bandbreitenpioniere von Spectral auf eine ähnliche Lösung. Angesteuert wird diese wirklich extreme Ausgangskonfiguration von einer „Single-Ended-Push-Pull“-Anordnung, wie wir sie auch schon vom 885 kennen. Hier ist sie allerdings ungleich potenter, um genügend Strom für das schnelle Umladen der Eingangskapazität der Ausgangsstufe liefern zu können. Konsequenterweise verfügt die 858 nur über symmetrische Eingänge. Und dazu noch über sehr niederohmige: 1200 Ohm zwischen den Signalleitern sind reichlich wenig – zumindest im HiFi-Bereich. Studioprofis machen das schon lange, der dadurch bedingte hohe Signalstrom im Kabel sorgt für Störarmut. Im Falle der Lindemann-Kombi – deren Vorverstärker mit dieser Last natürlich überhaupt keine Probleme hat – sorgt das sogar für eine höhere Signalbandbreite. Die 858 ist leistungsmäßig kein Kind von Traurigkeit und bedient sich auch recht ungeniert aus dem Stromnetz. Zur Wärmeabfuhr aus dem fast rundum geschlossenen Gehäuse bedarf es eines Lüfters am Boden, der sein Werk schon wie beim 885 komplett unauffällig verrichtet. Im Hintergrund läuft gerade ganz leise Oregon. ECM, 1983. Damals, als man noch mit Stolz „Digital Recording“ aufs Plattencover schrieb … Die Zeiten ändern sich. Worauf ich hinaus will: Paul McCandless‘ Sopran-Sax lässt aufhorchen: Trotz wirklich geringer Lautstärke muss ich unweigerlich nach vorne zur Anlage gucken: Steht da ganz bestimmt keiner und spielt? Und überhaupt: Wieso klingt das Ding auf einmal so ungeheuer fein und nuanciert? Und Ralp Towners Synthesizer: Perfekt auf die Bühne gestellt, weich, enorm detailliert – faszinierend. Dann der Schock: Towner wechselt zum Klavier: Der erste Anschlag hat so viel Drive und Kraft, dass ich trotz des geringen Pegels zusammenzucke. So was nennt man dann wohl „Dynamik“ – große Klasse. Die Scheibe ist keine ganz leichte Kost, was jedoch solchermaßen reproduziert an simpler Klangästhetik transportiert wird, welche Spannung einzelne Töne beim Zuhörer erzeugen können, das ist ganz großes Tennis – unabhängig davon, ob man Jazz dieser Art zugetan ist. Die exzellent produzierte Scheibe spielt vor einem vollkommen schwarzen Hintergrund, und wenn man nicht zu weit aufdreht, dann hört man völlig ohne Nebengeräusche. Genau dann entwickelt sich echte Klangmagie. Und Sie meinen, ich bewege mich jetzt vom Sofa und klemme auf den Vollverstärker um? Den Zauber des Augenblicks ruinieren? Nee. Das könnense mal vergessen. Platte umdrehen, okay. Sonst nix. Nun sitze ich also vor einer Verstärkerkombi mit ein paar Hundert oder so Watt pro Kanal Ausgangsleistung und drehe immer leiser. Weil’s so unfassbar großartig ist, was die Lindemänner unter diesen Bedingungen für eine Emotionalität, Agilität und Schwerelosigkeit liefern können. Und weil’s mich staunen lässt, wie viel Natürlichkeit und Zeichnung in dieser Hochtonwiedergabe steckt. Entschließt man sich dann doch zum beherzten Rechtsdreh am Lautstärke-Impulsgeber, passiert – gar nichts. Das Klangbild verliert nicht die Spur. Ab einem gewissen Pegel allerdings limitiert der Raum das Vergnügen – wenn’s zu arg von allen Wänden und dem Mobiliar reflektiert, dann leidet der Spaß. Es läuft Sade (wiederum sehr leise). Das aktuelle Remaster von „Diamond Life“. „Why Can’t We Live Together“ beginnt mit sachter Percussion halb rechts. Fantastisch frei im Raum, erschreckend realistisch bei den Schlaggeräuschen, mit ganz viel Ausschwingen. Der 885 kann das auch. Nur etwas weniger umwerfend. Tatsächlich sind die Unterschiede zwischen der Kombi und dem Integrierten beim Leisehören größer als mit „richtig Gas“ und liegen eher im Hochtonbereich als im Bass. Eingedenk des Niveaus, auf dem beide Setups spielen ist das allerdings Erbsenzählerei der übelsten Sorte.

Fazit

Norbert Lindemanns konsequente Umsetzung seiner Designphilosophie hat zweifellos zu spektakulären Ergebnissen geführt. Nie war reproduzierte Musik so schön, zerbrechlich, facettenreich und zart.

Kategorie: Vor-Endstufenkombis Hifi

Produkt: Lindemann 830S

Preis: um 6500 Euro

10/2012

Kategorie: Vor-Endstufenkombis Hifi

Produkt: Lindemann 858

Preis: um 9500 Euro

10/2012
Ausstattung & technische Daten: Lindemann 830S
Kategorie Vorverstärker 
Garantie (in Jahre)
Vertrieb Lindemann Audio, Krailing 
Telefon 089 89136790 
Internet www.lindemann-audio.de 
Abmessungen (B x H x T in mm) 440/105/345 
Gewicht (in Kg) 10 
Ausstattung & technische Daten: Lindemann 858
Kategorie Endstufe 
Garantie (in Jahre)
Vertrieb Lindemann Audio, Krailing 
Telefon 089 89136790 
Internet www.lindemann-audio.de 
Abmessungen (B x H x T in mm) 440/165/345 
Gewicht (in Kg) 27 
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Holger Barske
Autor Holger Barske
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Datum 19.10.2012, 09:10 Uhr
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Topthema: Totale Eleganz
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Arendal 1528 Monitor 8

Form follows function ist ja ein geflügeltes Wort für Design um die technischen Notwendigkeiten herum. Dass man aber auch beide Aspekte gleichwertig behandeln und auf die Spitze treiben kann, zeigt uns die neue Serie 1528 von Arendal.

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