Audio Research renoviert seine Produktpalette. Und das ist bei den Amerikanern eine ganze Menge Arbeit, denn das Portfolio ist nicht klein. Jüngster Neuzugang: die Hochpegelvorstufe LS27
Mitspieler
Plattenspieler:
Acoustic Solid Machine / SME M2-12
Clearaudio Master Reference / Clearaudio Universal
Tonabnehmer:
MFSL C3.5
Clearudio Goldfinger
Phonovorstufen:
Burmester 100
AMR PH-77
Endverstärker:
Trigon Monolog
SymAsym
Lautsprecher:
Ascendo Z-F3 SE
Progressive Audio Diablo
Zubehör:
Netzversorgung von PS Audio und HMS
NF-Kabel von Transparent und van den Hul
Phonokabel von Straight Wire und van den Hul
Lautsprecherkabel von Transparent
Gegenspieler
Vorverstärker:
MalValve preamp three line
Trigon Dialog
Leider habe ich keine Ahnung. Nämlich davon, was an der LS27 alles gegenüber dem Vorgänger LS26 geändert wurde. Fest steht: Die Neue ist teurer, was nicht wirklich überrascht.
In Deutschland steht die LS27 mit einem Verkaufspreis von 7.350 Euro in der Liste. In der Produkthierarchie steht sie an zweiter Stelle, nur noch von der mächtigen Reference 5 übertroffen. Traditionell gibt es bei Audio Research zwei Vorverstärker- Baureihen. Die eine beginnt mit „SP“ in der Typenbezeichnung, die andere mit „LS“. Die Erstgenannten sind dabei traditionell „komplette“ Vorstufen, die mit einem Phonoteil ausgestattet sind – ich darf an solche Legenden wie den bis heute hoch geschätzten SP10 erinnern. „LS“ steht für „Line Stage“. Will sagen: Hier gibt’s nur Hochpegelanschlüsse, und das ist auch bei der LS27 so. Dafür hat sie davon aber auch jede Menge: Die Rückwand offenbart insgesamt 44 Anschlüsse für Audiosignale – das Anschlussfeld erinnert fast an die Buchsenfriedhöfe großer fernöstlicher Heimkino-Receiver. Alle Anschlüsse der LS27 sind sowohl symmetrisch als auch unsymmetrisch vorhanden, das Schaltungslayout ist voll symmetrisch ausgelegt. Das Gerät verfügt über insgesamt acht Eingänge, die entweder per XLR- oder Cinch-Anschluss angesteuert werden können. Beides auf einmal zu belegen ist nicht möglich. Per Taster auf der Front oder per Fernbedienung kann man jedem Eingang seine Anschlussart zuweisen; das Gerät merkt sich diese Einstellung individuell für jeden Eingang. Von den acht Eingängen sind sechs ganz normale Hochpegelanschlüsse, zwei haben besondere Funktionen. Der Monitor-Eingang ist für Aufnahmegeräte gedacht, der Prozessoranschluss für die Integration in ein Heimkino-Setup. Das gibt’s zwar öfter, sei an dieser Stelle aber mal exemplarisch erklärt: Bei einer solchen „gemischten“ Anlage hängen Stereo-Endverstärker und Stereovorstufe an den Frontlautsprechern und werden von den entsprechenden Audioquellen beliefert. Der Heimkinobetrieb ist die Ausnahme und nutzt Lautsprecher und Endverstärker der Stereo-Abteilung. Dabei ist die Stereo-Vorstufe eher hinderlich, weil das Ansteuersignal für die Endverstärker vom Heimkino-Prozessor (was auch immer das im Einzelfall sein mag) kommt. Deshalb kann man eine Vorstufe wie die LS27 „transparent“ schalten. Das heißt: An den Prozessor-Eingang kommt die Heimkinokiste, und wenn man den entsprechenden Eingang anwählt, schaltet die Vorstufe zwischen diesem Eingang und dem Ausgang auf Durchzug. Verstärkung eins, Lautstärkesteller abgeschaltet, vollkommene Funkstille. Audio Research baut noch eine kleine Notbremse ein: Da immer mal wieder jemand versucht, zum Beispiel einen CD-Spieler am Prozessor- Eingang anzuschließen, schaltet das Gerät den Ausgang stumm, wenn dieser Eingang aktiviert wird. Würde das nicht passieren, würde das Signal des Players mit vollem Pegel an die Endstufe weitergereicht, und im besten Fall käme man mit dem Schrecken davon weil’s sehr, sehr laut wird. Kann hier nicht passieren, weil man den Ausgang erst wieder freigeben muss, was einen Moment des Nachdenkens quasi erzwingt. Womit wir 32 Buchsen abgehandelt hätten. Ausgangsseitig gibt’s einen Aufnahmeausgang und zwei parallele Hauptausgänge, ebenfalls in beiden Anschlussvarianten verfügbar. Hier scheint es möglich zu sein, XLR- und Cinchbuchsen gleichzeitig zu nutzen; ob das aber sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Der Hersteller spezifiziert die Ausgangsimpedanz mit 700 Ohm symmetrisch und 350 Ohm unsymmetrisch. Das ist okay, aber beliebig viele Geräte parallel sollte man daran nun auch wieder nicht betreiben. Für den, der’s noch nicht bemerkt hat: Wir haben es hier mit einem echten Anschlusswunder zu tun. So viele Ein- und Ausgänge, symmetrisch und unsymmetrisch zu belegen, findet man sonst noch bei … keine Ahnung. Mir fällt sonst keine Vorstufe ein, die Vergleichbares bietet. Zu den Komfortfunktionen gehört noch die Möglichkeit, jeden Eingang mit einer eigenen, dreifach in Sechs-Dezibel-Schritten umschaltbaren Verstärkung zu belegen (auch die Einstellung merkt sich das Gerät individuell), die Ausgänge auf Mono zu schalten, die Balance zu verstellen, den eingebauten Betriebsstundenzähler abzufragen und die absolute Phase zu drehen; die letzten drei Features sind nur per Fernbedienung zugänglich. In Sachen Komfort wird also einiges geboten. Zumindest für mich wieder einmal ein Wermutstropfen: Pegelsteller und Eingangswahlschalter sind Wippen mit beidseitigen Tastfunktionen, nichts ist mit ungehemmtem Drehen. Technisch hingegen ist mal wieder alles lecker: Fast die Hälfte des Platzes im Inneren wird von der Stromversorgung beansprucht; alle Betriebsspannungen werden elektronisch geregelt, das „Rohmaterial“ liefert ein potenter R-Core-Transformator. Signale werden grundsätzlich per Relais vor Ort geschaltet, und hier gibt’s eine Menge zu schalten. Die Lautstärkeregelung erfolgt elektronisch in 104 Schritten, jeder Kanal und jede Phase hat ihren eigenen Pegel-Chip. In Sachen Röhren herrscht erstaunliche Sparsamkeit: Davon gibt’s nur zwei Stück. Immerhin potente russische Doppeltrioden vom Typ 6H30, aber so bleibt für jeden Signalpfad nur ein einziges Röhrensystem, das wohl unmittelbar am Ausgang sitzen dürfte; danach gibt’s nur noch vier großvolumige Koppelkondensatoren. Den Rest der verstärkenden Tätigkeit erledigen Transistoren, in erster Linie JFets. Damit ist die LS27 in Sachen Signalverarbeitung elektrisch so ziemlich das „Kürzeste“, was mir bei einer symmetrischen Konstruktion je untergekommen ist – zumal auch noch Röhren im Spiel sind. Das solcherlei Sparsamkeit kein Fehler sein muss, stellt die LS27 schon frisch aus dem Karton unter Beweis: Diese Vorstufe rockt wie kaum eine zweite. Das liegt zunächst einmal an ihrer enormen dynamischen Bandbreite, und die ist vor allem auf ihren extrem ruhigen Hintergrund zurückzuführen – das Ding rauscht, brummt und zischt kein bisschen. Vor so viel Schwärze haben ansatzlose Klangexplosionen überhaupt keine Mühe authentisch zu wirken. Tonal hat die LS 27 wenig greifbaren Charakter, außer dem, dass sie einfach in allen Lagen extrem „saftig“ zur Sache geht. Der Bass geht sehr tief und trocken, er knarzt so richtig trocken und überzeugend. Der Anschluss an den Grundton gelingt überzeugend, in den Mitten setzt sich das Feuerwerk ungebremst fort: Die LS27 ist eine ausgemachte „Frauenstimmen-Vorstufe“ und serviert alles von Ella bis Katie mit ungemein viel Kraft und Inbrunst. Ein ganz kleines bisschen „Röhre“ am oberen Ende des Spektrums scheint da zu sein, aber der Extraschuss Silbrigkeit stört hier überhaupt nicht, zumal sich das Phänomen mit zunehmender Betriebsdauer ein wenig zurückzubilden scheint. Die LS27 tobt auch bei der Raumabbildung ordentlich. Sie hält Einzelereignisse schön überschaubar und straff konturiert, positioniert sie aber extrem weiträumig – das passt exzellent zum dynamischen Auftreten. Das Feuerwerk, das hier abgebrannt wird, leuchtet bei symmetrischem Anschluss übrigens am hellsten. Allerdings sind die Verluste bei Ansteuerung via Cinchbuchsen gering, so dass man nicht zwangsläufig auf symmetrische Quellen zurückgreifen muss. Das macht die Sache rund und die LS27 ganz klar zu einem der heißesten Eisen, das der Vorstufenmarkt derzeit zu bieten hat.
Fazit
Allürenlos, geradeaus, mitten ins Gesicht – so muss HiFi klingen, dann macht’s auch Spaß, Musik zu hören. Abseits davon ist die LS27 ein prall ausgestattetes Anschlusswunder und eine ganz dicke Empfehlung wert.