Neuerungen? Innovationen? Bei einer Plattenwaschmaschine? Das erscheint bei der, sagen wir es mal, überschaubaren Technik eines solchen Geräts, doch etwas weit hergeholt. Aber Sie werden staunen, ich tat es auch
Mitreiniger
Hannl X2000
Isopropyl-Eigengebräu
Kohlefaserbürste
Zubehör:
Tisch: Ikea Lack
Stromkabel: Beipackstrippe
Nagaoka Innenhüllen
Gegenspieler
Fingerabdrücke von Sohnemann bis Erbtante
Fussel von Acryl bis Wolle
Papierschnipsel vom Innencover
Pressrückstände
Seien wir einmal ehrlich: Haben wir mit Erzählungen von unserem analogen Hobby in unserer Umgebung tatsächlich einmal geschafft, höfliches oder wohlwollendes Interesse zu wecken, dann bedarf es nur der unvorsichtigen Erwähnung des Wörtchens „Plattenwaschmaschine“, dann kippt die Stimmung gewaltig. Unvermeidliche verbale Reaktion des Normalbürgers: „SO ETWAS GIBT ES WIRKLICH???“ – die begleitenden Blicke sprechen eine noch deutlichere Sprache: „Wie bringe ich möglichst viele Meilen zwischen mich und diesen Irren?“ Im Zweifelsfall also nicht weiter erwähnen – dann bleiben die Maschinen eben eine Sache zwischen uns Eingeweihten. Kommen wir also jetzt zu der neuen Hannl Mera ELB zu einem Preis von 2.640 Euro, der bei Außenstehenden zumindest ein Stirnrunzeln garantiert, aber auch in eingeweihten Kreisen Neugierde weckt,; hat doch eine Plattenwaschmaschine für 500 Euro grundsätzlich die gleiche Funktion.
Für den Preis gibt es aber gute Gründe. Als Erstes seien an dieser Stelle Materialwahl und Fertigungsqualität genannt. Die Mera ELB hat ein Gehäuse aus Acrylplatten – unser Testmodell kommt in Schwarz, andere Farben sind ebenfalls lieferbar –, die mit Metallprofilen zu einem sehr soliden und ansehnlichen Gehäuse zusammengesetzt sind. Die Passungen sind perfekt, da wackelt und rappelt gar nichts. Zwei Vorteile hat diese Bauweise neben dem Aussehen noch: Zum einen besteht bei Acryl zu keiner Zeit die Gefahr des Aufquellens wegen Feuchtigkeit, wie sie bei günstigeren Maschinen aus lackiertem MDF immer latent vorhanden ist. Außerdem ist die Servicefreundlichkeit im Falle eines Falles immer höher, und wenn es nur der Austausch eines verkratzten Seitenteils ist. Im Inneren ist die Hannl aufgeräumt – die einzelnen Funktionsgruppen sind sauber voneinander getrennt untergebracht. Vorne links befindet sich der Tank für die Reinigungsflüssigkeit, links hinten die Pumpe für den Auftrag. Die linke Gehäuseabteilung beansprucht die Absaugpumpe für sich, bei der es sich übrigens um keinen handelsüblichen Staubsaugermotor handelt, sondern um einen Spezialmotor, der bei mehr als ausreichend Leistung eine deutlich geringere Geräuschentwicklung hat – Günther Hannl spricht von 64 Dezibel, ein Wert, den wir über das Ohrläppchen gepeilt bestätigen können. Die im Auffangbehälter gelandete Flüssigkeit lässt man einfach ab und zu über den unter der Maschine austretenden Schlauch ab – ein dauernd laufender Lüfter verhindert Kondensation. So weit, so gut – solide Technik, gute Qualität, aber noch nichts wirklich Besonderes. Erstes Alleinstellungsmerkmal der Mera ELB ist das Bedienfeld, das schon vor der Frage nach der Funktionalität einen „Haben-will“-Reflex auslöst: Wunderschöne, große Metalltaster, versenkt im schwarzen Acryl, das hat schon fast etwas Erotisches ... Ähem, kommen wir zurück zum Thema. Mit den zahlreichen Tastern kann man alle elektrischen Funktionen der Mera elektronisch (daher das „EL“) steuern, statt wie beim Vorgänger über Schalter und Potentiometer. Die Drehzahl des Tellers lässt sich in feinen Stufen abstimmen, ebenso seine Laufrichtung. Eine Steuerungselektronik sorgt dabei für einen sanften Anlauf des Tellermotors ohne Ruckeln und abrupte Wechsel. Dann gibt es noch einen Schalter für die Flüssigkeitspumpe und einen Ein- und Ausschalter für die Saugturbine. Der gegenüber der Mera EL dazugekommene Taster mit der Bezeichnung „Brush“ bezieht sich auf die größte Neuerung der Mera ELB: Hannls patentierte Rundbürste. Der Taster selber ist dabei gar nicht mal so spannend. Er lässt die Maschine nur während der Einwirkphase mit geringster Drehzahl laufen. Die Rundbürste selbst sitzt – zusätzlich zu den beiden klassischen Elementen Bürsten- und Saugarm unübersehbar links vorne im Eck. Der Arm ist schwer und solide aus verchromtem Metall gefertigt – wer möchte, kann ihn sogar vergoldet haben. Die Rundbürste selbst ist – na ja, eben eine runde Bürste, die für sich genommen reichlich witzlos wäre, gäbe es da nicht die auf den ersten Blick völlig unscheinbare Konstruktion zwischen der Bürste und ihrer Aufhängung. Im Betrieb schwenkt man die Bürste nach dem Benetzen der Platte über die Rillen, drückt sie so weit hinunter, dass zwei kleine Kunststoffrädchen mit Gummi- O-Ringen kraftschlüssigen Kontakt mit dem Rand des schweren Gusstellers haben – und denkt sich nach Inbetriebnahme dann „Einfach genial!“ Über Umlenkrollen wird die Rundbürste nämlich entgegen der Drehrichtung der Platte bewegt – damit sorgt sie in den Rillen natürlich für ordentlich Bewegung. Günther Hannl selbst sagt ganz klar, dass die Reinigungswirkung der Bürste nicht durch die Borsten in den Rillen kommt – derart dünne Härchen würden durch die Flüssigkeit sofort verkleben –, sondern durch die starke Verwirbelung der Reinigungsflüssigkeit, die den tief sitzenden Schmutz deutlich besser löst als eine konventionelle Lösung. Wie funktioniert´s denn nun? Der Auftrag der Reinigungsflüssigkeit erfolgt über den entsprechenden Arm, der als Spender und Verteiler fungiert. Die weiche Bürste hier verteilt das kostbare Nass gleichmässig über die Platte, ohne das Label in Gefahr zu bringen. Anschließend schaltet man die Tellerdrehzahl mit der Taste „Brush“ herunter und bringt die Rundbürste in Position – wie gesagt, mit etwas Gefühl –, bis sie gleichmäßig läuft und Kontakt mit der gesamten Rillenbreite hat. Nach ein paar Umdrehungen können die Bürsten abgehoben werden – der Saugvorgang erfolgt wie von Hannl-Maschinen gewohnt recht leise und äußerst effektiv, einmal links herum, einmal rechts herum, fertig. In Feldversuchen durften Kollegen ihre heimische Plattensammlungen nach Flohmarktfunden oder durch die Familie in langen Jahrzehnten „vorbehandelten“ Platten absuchen – über den musikalischen Wert dieser „Schätze“ möchte ich jetzt einmal den freundlichen Mantel des Schweigens breiten. Bei konventioneller Betriebsart (also ohne die Rundbürste) erweist sich die Mera schon als sehr flexibles Werkzeug, das nervenschonend leise und effektiv zu Werke geht. Mit der Rundbürste zeigen sich demgegenüber tatsächlich noch bessere Reinigungserfolge Über einen längeren Zeitraum gesehen, kann ich sagen, dass die höhere Reinigungsleistung sich desto deutlich er zeigt, je tiefer die Verschmutzung einer Schallplatte sitzt und je länger der Dreck schon Zeit hatte, sich in den Rillentälern festzusetzen. Hier zeigt sich die hannlsche Rundbürste in ihrer Effizienz der starren Bürste deutlich überlegen, vor allem bei Schmutz, der nicht nur aus losen Staubpartikeln besteht, sondern eine wie auch immer geartete klebrige Konsistenz aufweist. Der besseren Leistung bei Problemfällen steht aber ein weiterer, nicht minder wichtiger Vorteil gegenüber: Mit der Rundbürste ist die Einwirkzeit bei „normal“ verschmutzten Platten deutlich geringer, nach zwei bis drei Umdrehungen kann schon abgesaugt werden, was den Gesamtprozess deutlich verkürzt und kein Nachpumpen von Flüssigkeit erfordert. Die Rundbürste kann übrigens bei fast allen Hannl-Maschinen nachgerüstet werden – je nach verwendeter Drehzahl ist es sinnvoll, den optionalen Spritzschutz mitzubestellen, da, wie gesagt, ordentlich gewirbelt wird. Mit dem Abrieb der O-Ringe auf den „Rädern“ und den zugehörigen Spuren auf dem Teller muss man leben. Die einen kann man günstig nachbestellen, den anderen muss man ab und zu reinigen – ein kleines Opfer für diesen Quantensprung in Sachen Reinigungsqualität und Effizienz.
Fazit
Die Hannl Mera ELB ist ein Musterbeispiel dafür, wie sinnvoll und hochwertig eine Plattenwaschmaschine sein kann. Star des Ensembles ist die neue Rundbürste, deren Reinigungsleistung neue Maßstäbe setzt und neben anderen die wichtigste Ressource schont, die wir heute besitzen: Zeit.