Die „neue“ Firma Thorens hat sich auf dem analogen Markt wieder voll etabliert. Zeit also, dachte man sich, mal etwas zu experimentieren. Gesagt, getan: Ein komplett neuer Plattenspieler wurde in Auftrag gegeben, der den Spagat zwischen Thorens-Tradition und Innovation mühelos schafft
Mitspieler
Tonabnehmer:
Clearaudio Talismann V2 Gold
Denon DL103, 103R
Grado Prestige Blue, Gold
Phonoverstärker
Clearaudio Balance+
Restek MRIA+
Quad Twentyfour Phono
Verstärker
Magnat RV 1
Twinsound CST-100 MKII
Quad II Classic
Lautsprecher
K+T Top Notch
K+T Ciappo
Zubehör
Netzleisten von PS-Audio, HMS und Supra
NF-Kabel: Van den Hul, Silent Wire
Lautsprecherkabel: Silent Wire
Racks und Basen: SSC, Liedtke, Thixar
Gegenspieler
Plattenspieler:
Pro-Ject Xperience Super Pack
Transrotor Dark Star Reference
Wie es so ist mit den ambitionierten Projekten: Es dauert immer ein bisschen länger, als man eigentlich vorhatte – ein voller Terminplan hat ein Übriges dazu beigetragen, dass der neue TD 309 als gar nicht mehr ganz so neuer Plattenspieler seinen Weg in die LP-Redaktion gefunden hat. Nun ist er also da und hat erst einmal überhaupt nichts mit den klassischen Thorens-Plattenspielern zu tun – allerdings auch genauso wenig mit den neueren Modellen.
Der TD 309 spricht eine komplett eigene Formensprache und ob die jedem gefällt, möchte ich mal bezweifeln. Konservativ ist er wirklich nicht geworden, mit seinem dreieckig geschwungenen Korpus mit einer Extra-Zacke für die Tonarmbasis – in die richtige Perspektive gedreht sieht er aus wie ein Wappenschild. Passend zur flotten Formgebung gibt es auch richtig knalliges Finish in rotem Lack – angesichts unseres distinguierten Alters haben wir allerdings ein dezentes Schwarz für unseren Probanden vorgezogen. Wie es sich für einen „echten Thorens“ gehört, ist der TD 309 ein Subchassis-Spieler. Damit hat es sich aber auch schon mit den Parallelen zu den Klassikern. Die Federkonstruktion ist nämlich eine grundlegend neue und bietet vor allem bei mindestens ebenbürtiger Funktionalität einen echten Vorteil: Platzersparnis – die drei Federsysteme können komplett in den Füßen unter dem Chassis untergebracht werden. Lugt man in einen der Füßen einmal vorsichtig hinein, dann meint man, in ein Lautsprecherchassis zu blicken: Eine Zentrierspinne bedämpft und führt die eigentliche Aufhängungsfeder. Innerhalb eines gewissen Rahmens können die Füße in der Höhe verstellt werden, ohne die Resonanzfrequenz zu verändern – besser ist es, die Werkseinstellung beizubehalten und von vornherein für einen ebenen Untergrund zu sorgen. Dreieckig ist der Thorens vor allem wegen der optimalen Masseverteilung – nicht umsonst hat man ihm den Beinamen „Tri-Balance“ gegeben. Genau im Schwerpunkt sitzt das Tellerlager – die Masse des Tonarms wird durch ein separates Gewicht, das in der gegenüberliegenden Ecke platziert wird, ausgeglichen. Eine rustikale Lösung, die aber gut funktioniert. Das Lager besteht ganz traditionell aus einer Messingbuchse mit einem Kunststoff-Lagerspiegel, in der sich ein Dorn aus Edelstahl dreht. Nach Abnehmen des Subtellers kann man erkennen, dass das Tellerlager nicht etwa auf einer Ebene mit dem Tonarm montiert ist, sondern eine Etage tiefer in einem weiteren MDF-Brett, das mit drei Schrauben unter das Chassis geschraubt wurde – eine weitere Maßnahme gegen die Übertragung unerwünschter Resonanzen. An der Oberseite des präzise gedrehten Aluminium-Subtellers sieht man einen Ring, auf dem der Glasteller aufliegt. Der Radius dieses Rings wurde messtechnisch genau ermittelt, um die Tellerresonanzen zum minimieren. In dieselbe Kerbe schlägt die Kunststoffbuchse, die den Teller innen auf der Achse zentriert. Glas hat sich bei der Klangbeurteilung der Prototypen tatsächlich als optimales Material für den Teller erwiesen – in Verbindung mit der mitgelieferten Filzmatte, versteht sich. Angetrieben wird der Thorens von einem geregelten Gleichstrommotor, dessen Elektronik so konzipiert ist, dass gemessene Drehzahlabweichungen sanft korrigiert werden, ohne hektische (und dann hörbare) Regelungsvorgänge. Auch bei der Motoraufhängung findet sich die Zentrierspinne wieder, die, in diesem Fall, den Motor von der Zarge entkoppelt und gegen Kippbewegungen sichert, um die Riemenspannung konstant zu halten. Ganz neu entwickelt – und das kann man nicht oft genug betonen in OEM-Zeiten – wurde auch der TP 92 getaufte Tonarm des TD 309. Es handelt sich um eine klassische kardanische Konstruktion mit ein paar Finessen. Die Drehachse des Arms läuft in Kugellagern, während die vertikalen Lager eine Mischung aus Spitzen- und Kugellagern darstellen. Die in die Kugellager eintauchenden Edelstahlspitzen erleichtern die Einstellung des Lagerspiels und vermindern die Belastung des Lagerrings für minimale Reibung. Das Aluminium-Armrohr wird durch ein spezielles Wälzverfahren nahtlos gefertigt und ist innen zusätzlich mit Kunststoff bedämpft. Im Laufe der Entwicklung hat man die Resonanzen am Armrohr mittels Laser-Vibrometer vermessen und die Hauptwelle mit einem speziellen Dämpfungsring gezielt bedämpft – also bitte den Ring nicht verschieben, es handelt sich um kein verstellbares Zusatzgewicht! Das Gegengewicht wird von seiner Achse mit zwei Gummiringen effektiv entkoppelt und liegt deutlich unter dem Armrohr, das heißt der Schwerpunkt des Arms liegt – wie immer wieder gefordert – exakt auf Nadelhöhe. Das Headshell ist verdreh- und verschiebbar eingebaut, das magnetische Antiskating über eine Skala einstellbar. Insgesamt vielleicht nicht einer der absolut schönsten Tonarme der Welt, aber eine technisch interessante Konstruktion, die sicher auch einzeln angeboten einige Interessenten finden dürfte. Dass auf diesem Arm ab Werk ein Audio Technica AT95 montiert wird, habe ich zunächst als schlechten Witz angesehen – ein 30-Euro-System in einem 1.600-Euro- Paket? Nun, der Ärger über die vermeintlich von Geiz geprägte Tonabnehmerwahl ist schon beim ersten Track pulverisiert – genau so geht Plattenhören! Wir müssen uns jetzt nicht ernsthaft über die nicht perfekte Hochtonauflösung eines billigen Tonabnehmers unterhalten – aber was uns da aus den Lautsprechern entgegentönte, war eine in sich absolut stimmige und organische Wiedergabe. Wie immer man es nennen mag – musikalischen Fluss oder Homogenität – der Thorens vermittelt das Gefühl „Ja, genau so geht es!“. Natürlich funktioniert das nicht nur mit dem AT 95 – der TD 309 ist in der Lage, einen riesigen Bereich an Steigerungsmöglichkeiten in Sachen Tonabnehmer zu transportieren – diszipliniert spielt er an beiden Enden des Hörbereichs auf, wobei vor allem die schiere Basstiefe schon für sich genommen schwer beeindruckt. Darüber ist alles einfach genau so, wie es sein soll, kein Teilbereich fehlt oder drängt sich in den Vordergrund – ein Faktor, der sicherlich zum Eindruck der perfekten Ausgewogenheit beiträgt. Eine ebenso natürliche Auffächerung in Breite und Tiefe macht die Ortung der Instrumente im Gesamtbild sehr einfach, ohne sezierend zu wirken. In Sachen Dynamik macht dem Thorens auch so schnell keiner was vor: Wie gesagt, im Tiefbass kommt er ziemlich weit hinunter und das auch mit ordentlich Knack – großorchestrale Passagen meistert er mit Ruhe und Übersicht. Aber bei all diesen einzelnen Qualitäten ist es vor allem die große Ruhe und Selbstverständlichkeit, mit der der TD 309 lange Musikabende sehr entspannt gestaltet und den Hörer mit einem zufriedenen Grinsen ins Bett gehen lässt.
Fazit
Die Arbeit hat sich gelohnt: Der vom Reißbrett an komplett neu konstruierte Thorens TD 309 ist ein echter Hingucker und vor allem ein Wiedergabegerät, das alle Qualitäten emotionaler analoger Musikwiedergabe in sich vereint. Hut ab vor den Konstrukteuren!