Welches Utensil gehört ohne Zweifel zu jedem gestandenen Wikinger? Das Langboot? Sicher. Das Schwert? Auch. Aber eines fehlt noch: das Horn
Anlage
Plattenspieler: Transrotor Zet1 TMD mit SME 5012 und Merlo Reference
Verstärker: Dartzeel CHT 8550, Magnat R1
Ein Lautsprecher, der auf den urgermanischen Namen „Ragnarök“ hört, kann nur mit Horntechnologie arbeiten – hier sitzt es, auf den ersten Blick gut zu erkennen, obendrauf. Anders als die beiden anderen Modelle, die ich von der noch jungen Firma JaWil Audio schon getestet habe, muss der Tieftöner dieses Mal ohne Hornunterstützung auskommen. Dafür sitzt der aus der Beschallungstechnik entliehene Zehnzöller in einem angemessen großen Bassreflexgehäuse, das wirklich tiefe Töne ermöglicht. Wie wir es von JaWil kennen, sind die Seitenwände dieses Gehäuses aus Schieferplatten gefräst – eine Maßnahme, über die man überhaupt diskutieren kann: Wenn es im Lautsprecherbau auch an den verschiedensten Stellen die unterschiedlichsten Lösungsansätze gibt, dann steht eines doch unwiderruflich fest: Stein ist das beste Material fürs Gehäuse – die meisten Kunden wollen so etwas nicht schleppen, die meisten Hersteller können das Material nicht bearbeiten.
Nun, Jörn Jansen kann – dank eines in die Lautsprecherproduktion mitgebrachten Maschinenparks aus „dem richtigen Leben“ sind Zuschnitt und Weiterverarbeitung von Schiefer überhaupt kein Problem. Mit Augenmaß beschränkt man sich dabei auf die wichtigsten Stellen – im Falle der Ragnarök auf die Seitenwände, die dem Schall die größte Angriffsfläche bieten. Der Rest des Gehäuses besteht aus MDF, so dass die Box mit einem Gesamtgewicht von 45 Kilogramm noch nicht als Immobilie eingestuft werden muss. Bei aller Leistungsfähigkeit der Tieftonabteilung: Optisches und technisches Schmankerl der Box ist der Mittelhochtöner, der die Konstruktion krönt. Es handelt sich hierbei um einen nur fünf Zentimeter durchmessenden Breitbänder, der seit einiger Zeit in informierten Kreisen nicht mehr ganz als Insider-Tipp gilt. Der kleine Treiber verfügt über einen extrem linearen Frequenzgang und ein sehr gutes Rundstrahlverhalten – quasi ein Konushochtöner klassischer Machart. Als Fullrange-Einheit konzipiert, spielt er auch noch bis weit in den Mitteltonbereich hinein. Bleibt ein Problem: Durch die kleine Schwingspule ist der Breitbänder nicht so belastbar, dass er mit einem ausgewachsenen PA-Chassis mithalten könnte – also muss die Unterstützung eines Horns her. Dieses ist in einem langen Entwicklungsprozess Schritt für Schritt so weit optimiert worden, dass es im Grund- und Mitteltonbereich den Pegel anhebt und zu höheren Frequenzen hin gleichmäßig an Wirkung verliert – wie unsere Messungen zeigen, funktioniert das hervorragend. Nun – Messungen hin und her – klingen muss das Ganze! Und das tut es in der Tat. Eines vorweg: Das mit der Anpassungsmöglichkeit des Horns ist eine gute Idee, denn sogar in unserem gut bedämpften Hörraum spielte sich der kleine Töner recht deutlich in den Vordergrund – und das bei einem Bass, der wahrhaft kein Kind von Traurigkeit ist. Erst streng parallel zu den Seitenwänden ausgerichtet entfalten die Ragnaröks ein ausgewogenes Klangbild. Voluminöser und wuchtiger Bass gehen einher mit einem kontrollierten und fein dosierten Mitteltonbereich, über dem sich ein federleichter Hochtonbereich entfaltet, bei dem man nicht glauben mag, dass er aus einem Breitbänder stammt. Was man hingegen deutlich hören kann, ist das Horn: Die Rauminformation ist absolut exakt abgezirkelt – die berühmte Dreidimensionalität, hier ist sie Wirklichkeit! Angesichts des etwas unruhigen Frequenzgangs mag man zunächst gar nicht glauben, wie ausgewogen die JaWil spielen kann – tut sie aber. Egal, ob dynamische Fähigkeiten oder Differenzierungsvermögen gefragt sind: die Ragnarök liefert. Und so bleibt am Schluss nur die Erkenntnis, dass wir froh sein können, dass es in der Lautsprecherbranche noch Leute gibt, die sich trauen, auch mal das Außergewöhnliche zu wagen – im Falle der JaWil Ragnarök gewinnt der Hörer.
Fazit
Ragnarök ist ein weiterer origineller und dabei hoch kompetenter Lautsprecher aus dem Hause JaWil Audio – dass er zudem noch außerordentlich günstig ist, macht die Sache natürlich noch attraktiver.