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Alles Theater
Es ist eben nicht jenes sportliche Kräftemessen, nach dem Sonus Faber seine Olympica- Baureihe benannt hat. Auch der altgriechische Göttersitz muss ausnahmsweise mal nicht herhalten.
Das ist nämlich so: Bislang hat der norditalienische Lautsprecherhersteller sich in Sachen Namensgebung in erster Linie bei Berühmtheiten aus in der Region beheimateten Geigenbauern bedient. Mit der Boxenlinie, deren zweitgrößtes Modell wir hier vor uns haben, verlässt man dieses Terrain und wendet sich anderen Kunstformen zu, die die Region berühmt gemacht haben. Das war der erste „Vollzeit- Architekt“ der Geschichte namens Andrea Palladio, der in Vicenza in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts das „Teatro Olimpico“ baute (und damit das erste freistehende Theatergebäude seit der Antike – jawohl, Wikipedia ist eine tolle Institution, ich spende regelmäßig). Jenseits der Olympica II gibt’s noch eine mit der Nummer III, die sich in erster Linie dadurch abgrenzt, dass sie noch einen Siebenzoll-Tieftöner mehr pro Seite im Angebot hat.
Bei der Nummer II gibt’s davon genau einen, flankiert von einem 13-Zentimeter-Mitteltöner und einer 29-Millimeter-Kalotte. Dafür gilt es 8.000 Euro zu investieren und auch abseits aller technischen und klanglichen Meriten machen die Italiener es einem nicht leicht, diesen Lautsprecher nicht sofort haben zu wollen. Von je her gibt es kaum eine Alternative zu diesem Hersteller wenn es darum geht, formal und handwerklich perfekt gestaltete Lautsprecher zu erstehen. Nach Ausflügen in bezahlbarere Gefilde (mit der Venere-Baureihe) und Experimenten im Wahnwitz- Segment (diverse Modelle mit gerne mal sechsstelligem Preisschild) soll die Olympica- Baureihe das neue Rückgrat des Sortiments bilden. So wie‘s aussieht, wird das wohl klappen, denn die Kombination aus Walnussholz, Leder und einer unvergleichlichen Formgebung sitzt perfekt. Die Proportionen passen für eine klassische Standbox wie aus dem Lehrbuch: Gut einen Meter hoch, knapp 25 Zentimeter breit, knapp 40 tief. Hört sich schon ziemlich erwachsen an, manifestiert sich in der Praxis wegen Formgebung und Oberflächengestaltung aber deutlich harmloser: So richtig sichtbar ist eigentlich nur die mit feinstem Echtleder in Schwarz bezogene Schallwand, und auch die ist noch sorgsam profiliert und kein tumbes gerades Brett. Das nach hinten anschließende Gehäuse hat näherungsweise einen tropfenförmigen und dazu asymmetrischen Querschnitt. Aus jenem resultiert die ungewöhnliche Anordnung der Reflexöffnung: Sie ist als langer, schmaler Schlitz seitlich hinten ausgeführt und mit einem natürlich ebenfalls sorgsam gestalteten Metallgitter verschlossen. Der Hersteller verspricht sich davon eine gewisse Bündelung der tieffrequenten Schallanteile, so dass Boden und Decke des Raums weniger angeregt werden und die Aufstellung der Box etwas unkritischer wird. Highlights sind, wie bei Sonus Faber immer, die Holzoberflächen: Die Olympica II ist in ein wunderschönes waagerecht gemasertes Walnussfurnier gehüllt, das regelmäßig von schmalen Ahornstreifen unterbrochen wird. Allein diese Oberfläche ist ein Kunstwerk, zumal die Hände beim Darüberstreichen nicht die Spur einer Unregelmäßigkeit spüren. Ober- und Unterseite der Box sind gar aus massiver Walnuss gefertigt, der Korpus selbst wird wohl aus einem modernen Plattenwerkstoff aufgebaut sein. Hier bin ich auf Vermutungen angewiesen, denn ich habe diesen Lautsprecher ausnahmsweise nicht auseinandergenommen und muss Ihnen und mir den Blick ins Innere schuldig blieben. Der Grund dafür ist einfach: Ich hab keine Ahnung, wie man hier ans „Eingemachte“ kommt. Die Treiber sind ohne sichtbare Schrauben in die Front eingelassen, und dieses Kunstwerk ist eindeutig zu schade, um ihm mit unwissenheitsbedingter Grobheit zu Leibe zu rücken. Konzentrieren wir uns also auf das, was wir wissen. Die eingesetzten Treiber sind durch die Bank Sonderanfertigungen für den italienischen Hersteller und lassen sich mit dem routinierten „Scan-Speak, Seas oder Wavecor“-Blick nicht zuordnen. Bei den Membranmaterialien gibt’s einen interessanten Mix zu konstatieren: Naturmaterialien sind Pflicht. Beim Bass ist‘s im Wesentlichen Papier, kombiniert mit einem leichten und steifen Schaum; beim Mitteltöner wird die Zellulose noch mit verschiedenen Naturfasern kombiniert. Der mit einer Seidenkalotte ausgestattete Hochtöner ist tatsächlich ein Ringstrahler: Die Mitte der Kalotte wird über ein kleines Pufferelement, das von einem Bügel gehalten wird, faktisch festgesetzt, so dass sie nicht als Ganzes schwingen kann. Der Star des Ensembles ist jedoch der Mitteltöner, der mit dreieinhalb Oktaven (250 bis 2500 Hertz) den akustisch entscheidenden Bereich abzudecken hat. Aufmerksamkeit verdient auch die Boxenunterseite: Hier werden zwei massive Metallprofile verschraubt, in deren Enden Spikes geschraubt werden. Die vorderen sind höher als die hinteren, dadurch bekommt die Box eine leichte Neigung nach hinten. Das sieht nicht nur gut aus, sondern ist Bestandteil der Abstimmung. Oh ja, das funktioniert, das mit dem großen Mitteltöner. Wir hören den letzten Teil von Eric Andersons wunderschöner Albert-Camus-Hommage „The Fall (Song of Gravity)“ und sind unmittelbar von der kraft- und überaus ausdrucksvollen Stimmwiedergabe gefangen genommen. Sie können klanglich etwas mit Breitband- oder gar Full-Range-Lautsprecherkonzepten anfangen? Dann sollten Sie sich diese Box unbedingt mal anhören, die hat nämlich einiges von den „Extremisten“. Allerdings ohne die dort fast allgegenwärtigen Eigenheiten wie eine unausgewogene Tonalität oder das problematische Abstrahlverhalten, das einen fest auf einen Hörplatz zwingt. Die Olympica II klingt gerade in den Mitten überaus dynamisch, aufregend und engagiert. Der Gewebehochtöner passt perfekt dazu, er ist nichts anderes als eine konsequente „Verlängerung“ des Klangbildes nach oben. Für eine so große, weiche Kalotte hat das erstaunlich viel Zug und Kraft, auch hier oben. Ob da nicht am Ende vielleicht die Klirrspitze des Mitteltöners irgendwie segensreich wirkt? Ich will‘s nicht mal ausschließen. Der Bass ist tatsächlich das unauffälligste klangliche Segment an dieser Box. Er tönt konturiert, erfreulich variabel und offenbart auf alle Fälle eine Reflexabstimmung der gelungenen Art, die nicht stumpf auf einem Ton rumort. Bestes Beispiel dafür: der Einstig von „Just Can‘t Win“ auf Lee Fields großartigem Soul-Album „Emma Jean“. Der staubtrockene E-Bass federt perfekt leicht, locker und farbig. Da hören wir doch gleich mal weiter. Klasse Bühne, die die Olympica II da aufmacht: Es spielt souverän links und rechts von den Lautsprechern, die sich dezent der Ortbarkeit entziehen. Titel zwei, „Magnolia“ – da ist er wieder, dieser beinharte gezupfte Bass, den die Italienerin so großartig staubig in den Hörraum kickt. Übrigens konnte ich keinen nennenswerten Unterschied dabei ausmachen, ob die Reflexöffnungen nun nach innen oder nach außen zeigen. Wobei sich die Olympica II sowieso als ausgesprochen unproblematischer Vertreter der Lautsprecherzunft präsentiert. Hier bricht nichts zusammen, wenn die Ausrichtung links und rechts mal nicht aufs Grad gleich ist. Das ist ein Lautsprecher, den man auch „normalen“ Hörern an die Hand geben darf, verfügt er doch auch klanglich über einen gefälligen Charakter. Sie sind es gewohnt, Fünfwege-Hornsysteme millimeterweise gegeneinander zu verschieben? Dann ist das hier vermutlich zu wenig Herausforderung für Sie. Ich würde die Olympica II im bestmöglichen Sinne als Konsens-Box bezeichnen: Sie klingt ausgezeichnet, und das praktisch immer.Fazit
Von vorne bis hinten ein durchdachtes Produkt. Klanglich top, dabei gefällig und an keiner Stelle „schwierig“. In Sachen Gestaltung und Verarbeitung ohnehin eine Klasse für sich.Kategorie: Lautsprecher Stereo
Produkt: Sonus Faber Olympica II
Preis: um 8000 Euro
302-2026
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